Die Europäische Union soll zukünftig verstärkt in die Bereiche Verteidigung und Wirtschaft investieren. Dies geht aus der Strategischen Agenda hervor, welche die EU-Staats- und Regierungschefs auf dem jüngsten Gipfeltreffen beschlossen haben. Ziel ist es, die militärische Unabhängigkeit Europas zu erhöhen und die Rüstungsindustrie weiter zu stärken.
Der EU-Ratspräsident Charles Michel führte über Monate hinweg intensive Gespräche, um diese Ausrichtung festzulegen, die den Kurs der Europäischen Union für die nächsten fünf Jahre bestimmen soll. Deutschland und Frankreich hatten ambitionierte Änderungen vorgeschlagen, scheiterten jedoch an der Zurückhaltung mehrerer anderer Mitgliedsländer. Ein EU-Diplomat bewertete die Forderungen von Berlin und Paris als "viel zu ehrgeizig".
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich enttäuscht und nannte die beschlossene Agenda wenig ambitioniert. Insbesondere bei der Wettbewerbsfähigkeit und dem Klimaschutz hätte sich Deutschland mehr vorstellen können. Scholz lehnte zudem gemeinsame Schulden für die Rüstungsfinanzierung und die Refinanzierung nationaler Verteidigungshaushalte aus dem EU-Budget ab.
Ein weiterer Punkt im Dokument betrifft die Finanzierungsmöglichkeiten für öffentliche und private Investitionen, wobei auch die Rolle der Europäischen Investitionsbank (EIB) hervorgehoben wird. Diese hatte kürzlich angekündigt, ihr Engagement in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung zu erweitern. Eine Ausweitung auf reine Rüstungsprojekte würde jedoch eine Änderung des Mandats der EIB erfordern, was die Zustimmung aller 27 Mitgliedsländer notwendig macht.
Die Agenda sieht außerdem eine bessere Abstimmung der europäischen Armeen vor, um durch Vereinheitlichung von Ausrüstungsmodellen Kosten und Aufwand einzusparen. Der Fokus liegt zudem auf der wirtschaftlichen Sicherheitslage der EU – Lieferketten und Energieabhängigkeit seien während der Corona-Pandemie und des Ukrainekrieges deutlich als Schwachstellen hervorgetreten. Deshalb sollen sensible Sektoren und Schlüsseltechnologien wie Raumfahrt, künstliche Intelligenz, Mikrochips und Arzneimittel ausgebaut werden.
Ferner bereitet sich die EU auf die Aufnahme neuer Mitglieder vor, darunter die Ukraine, mit der bereits Beitrittsgespräche laufen. Auch das Thema Migration wird vermehrt an Bedeutung gewinnen. "Unsere Werte sind unsere Stärke", heißt es im Text, der die Bedeutung von Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte unterstreicht.
Im Vergleich zur früheren Legislaturperiode wird der Kampf gegen den Klimawandel weniger stark im Fokus stehen, obwohl er weiterhin als wichtiges Anliegen betont wird.