Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) fordert in Anbetracht des massiven Stellenabbaus und der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland bei deutschen Industrieunternehmen zu sozialpartnerschaftlichen Lösungen auf. Bei der Vorstellung seines Sozialetats im Bundestag hob Heil die Unternehmen Volkswagen, ZF Friedrichshafen und Thyssenkrupp als Beispiele hervor, bei denen nun umgehend partnerschaftliche Lösungen notwendig seien. Er betonte, es sei entscheidend, sich an den Tisch zu setzen, um Standorte zu sichern und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.
Heil ging auch auf Managementfehler ein und verwies beispielsweise darauf, dass bei Thyssenkrupp Gelder in unrentablen Projekten in Brasilien verbrannt wurden und Volkswagen zu spät auf stark nachgefragte Modelle gesetzt habe. Dennoch bekräftigte der Bundesarbeitsminister, dass die Bundesregierung ihre Verantwortung im Strukturwandel übernehme, zum Beispiel durch die Einführung des Qualifizierungsgelds und durch Maßnahmen zur Fachkräftesicherung.
Von Seiten der CDU kam scharfe Kritik. Hermann Gröhe, CDU-Arbeitsmarktexperte, kritisierte die Ampelkoalition für ihre Uneinigkeit und warf ihr vor, durch ihre Politik die Unsicherheit in der Gesellschaft zu verschärfen. Themen wie Entbürokratisierung, Deregulierung und die Schuldenbremse seien Beispiele für zentrale Streitpunkte innerhalb der Regierung. Gröhe beschuldigte die Ampel, sich der notwendigen Flexibilisierung der Arbeitszeit zu verweigern und den Mindestlohn politisch zu instrumentalisieren.
Heil hielt dem entgegen, dass der Mindestlohn in den nächsten Jahren deutlich steigen solle und sagte, dass die unabhängige Mindestlohnkommission Vorschläge zur Anpassung mache, die an deutsches und neues EU-Recht gebunden seien. Er kündigte an, dass der Mindestlohn bis 2026 signifikant erhöht werden soll, um den neuen EU-Vorgaben zu entsprechen.
Am Vortag hatte Heil bereits angekündigt, dass der Mindestlohn in den kommenden zwei Jahren auf bis zu 15 Euro steigen solle, in Anlehnung an die neue EU-Mindestlohn-Richtlinie. Dieser Schritt stieß auf Kritik des Arbeitgeberverbands BDA, der Heil wiederholte Eingriffe in die Tarifautonomie vorwarf. Die gesetzliche Lohnuntergrenze soll bis zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro pro Stunde angehoben werden.
In einem Schreiben an die Mindestlohnkommission äußerte Heil, die neuen EU-Vorgaben wären erfüllt, wenn der Mindestlohn 60 Prozent des mittleren Lohns betrage.