130 Millionen neue Gründe für schlankere Strukturen
Julius Bär spart – wieder einmal. Und diesmal spürbar konsequenter. Am Investorentag am Dienstag kündigte der neue CEO Stefan Bollinger an, bis 2028 weitere 130 Millionen Schweizer Franken bei den Kosten einzusparen.
Der Tonfall ist nüchtern, das Ziel dagegen ambitioniert: Die traditionsreiche Zürcher Bank will ihre Effizienzkennziffer – den bereinigten Kosten-Ertragssatz – unter 67 Prozent drücken. 2024 lag dieser noch bei 70,9 Prozent.
Dabei hatte Bär ursprünglich sogar einen Wert unter 64 Prozent angepeilt. Die Absenkung des Ziels wirkt wie ein stilles Eingeständnis: Die Realität im internationalen Vermögensverwaltungsgeschäft ist härter geworden – und der Wettbewerb deutlich intensiver.
Doppelt hält besser – oder verzweifelt?
Das neue Sparpaket kommt on top zur bereits im Februar verkündeten Einsparrunde. Damals wurde das Sparziel um 110 Millionen Franken erhöht, nun legt man noch einmal nach.

Ein Sprecher betonte, das ursprüngliche Ziel werde sogar leicht übertroffen – um rund 20 Millionen Franken. Und trotzdem reicht es nicht.
Dass nun ein zweites Sparprogramm binnen eines halben Jahres nötig wird, ist kein gutes Zeichen. Es zeigt, wie eng die Margen inzwischen selbst im Private Banking geworden sind – und wie schwierig es ist, das Wachstum vergangener Jahre mit den heutigen Kostenstrukturen zu verteidigen.
Die stille Angst vor dem Personalabbau
Offiziell will Julius Bär vorerst keine Auskunft darüber geben, ob es im Zuge der neuen Maßnahmen zu einem Stellenabbau kommt. Man verweist auf „Straffung der Sachkosten“.
Doch Branchenbeobachter wissen: Solche Programme treffen in der Regel auch die Belegschaft. Die Bank beschäftigt derzeit weltweit rund 7.000 Mitarbeiter – ein nicht unerheblicher Kostenblock, der intern längst als „Flexibilisierungsreserve“ verstanden wird.
Insider vermuten, dass mittelfristig Stellen insbesondere in den mittleren Managementebenen und in internen Querschnittsfunktionen wegfallen könnten – auch, weil Digitalisierung und Automatisierung bei Bär weiter ausgebaut werden sollen.
Das große Ziel: weniger Menschen, mehr Marge
Im Zentrum der Strategie steht der Versuch, die Profitabilität zu steigern, ohne am Ertrag zu rütteln.
Die Bank verwaltet über 400 Milliarden Franken Kundenvermögen, sieht sich aber zunehmendem Druck durch agile Konkurrenten wie Vontobel, Lombard Odier oder auch Tech-getriebene Anbieter wie Avaloq-Nutzer und neue digitale Plattformen gegenüber.
Zudem greifen immer mehr Kunden auf modulare Finanzangebote zu, die klassische Beraterstrukturen hinterfragen.
Die Antwort von Julius Bär: weniger Komplexität, schlankere Prozesse, zentralisierte Funktionen. Es ist ein Effizienzprogramm – aber auch ein Kulturwandel. Die Schweizer Noblesse weicht betriebswirtschaftlicher Pragmatik.
Stefan Bollinger: Der stille Vollstrecker
Mit dem Wechsel an der Spitze der Bank im Frühjahr hat sich auch der Ton geändert. Bollinger gilt als analytisch, strukturiert – weniger visionär, aber dafür durchsetzungsfähig. Er steht nicht für große Sprünge, sondern für sauberes Handwerk. Sein Kurs: keine Experimente, aber auch keine Schonfrist.
Der Fokus liegt klar auf der Kostenkontrolle. Und dabei kennt der neue CEO offenbar keine Tabus. Auch an Prestigeprojekten und historischen Strukturen wird intern nicht mehr automatisch festgehalten. Für eine Bank wie Julius Bär, die gerne von Kontinuität spricht, ist das ein bemerkenswerter Richtungswechsel.
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