12. Dezember, 2024

Finanzen

Zinsstreit eskaliert: BaFin zieht vor das Obergericht

Rechtsfrage mit Signalwirkung: Die BaFin gibt sich im Streit um Zinsnachzahlungen nicht geschlagen. Nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt setzt die Finanzaufsicht auf eine Entscheidung in zweiter Instanz. Es geht um Verbraucherschutz und Machtfragen.

Zinsstreit eskaliert: BaFin zieht vor das Obergericht
Tausende Verträge könnten unwirksame Zinsklauseln enthalten. Die BaFin fordert Nachzahlungen – die Banken wehren sich.

Die Finanzaufsicht BaFin verschärft den juristischen Konflikt um die Zinsnachzahlungen bei Prämiensparverträgen und zieht vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshof.

Der Exekutivdirektor für Wertpapieraufsicht und Asset-Management, Thorsten Pötzsch, erklärte am Montag: „Wir streben in der Berufung eine höherinstanzliche Bestätigung unserer Rechtsposition an.“ Ziel sei es, mehr Rechtssicherheit für den Verbraucherschutz zu schaffen.

Der Kern des Streits

Hintergrund der Auseinandersetzung ist eine Allgemeinverfügung der BaFin aus dem Jahr 2021. Darin forderte die Aufsicht Banken auf, ihre Kunden über unwirksame Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen zu informieren und Zinsen nachzuzahlen.

Die BaFin argumentierte, dass es sich hierbei um einen „verbraucherschutzrelevanten Missstand“ handelte, der ein Eingreifen rechtfertigte.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt hatte Ende Oktober 2024 jedoch entschieden, dass die BaFin mit ihrer Verfügung ihre Kompetenzen überschritten habe. Das Urteil werteten Beobachter als deutlichen Rückschlag für die Verbraucherschutzpolitik der Aufsicht.

Nach der Niederlage vor dem Verwaltungsgericht geht die Aufsicht in Berufung. Ziel: Verbraucherschutz stärken.

Breiter Widerstand aus der Bankenbranche

Die Verfügung stieß von Beginn an auf heftige Kritik. Über 1.100 Banken legten Widerspruch ein, sechs Kreditinstitute klagten stellvertretend für die Branche. Der Streit betrifft rund 1,1 Millionen Prämiensparverträge, die zwischen 1990 und 2005 abgeschlossen wurden. Viele dieser Verträge wurden in den letzten Jahren von Sparkassen gekündigt, was die Nachforderungen zusätzlich kompliziert.

Im Zentrum des Disputs steht die Berechnung des variablen Grundzinses. Während die BaFin auf eine gerechtere Auslegung drängt, argumentieren Banken, dass die Forderungen der Aufsicht rechtswidrig seien.

Verbraucherschützer loben die BaFin

Trotz des juristischen Rückschlags erfährt die BaFin Unterstützung von Verbraucherschützern. „Die Aufsicht setzt sich klar für den Schutz der Verbraucher ein“, sagte Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Ihrer Ansicht nach sei es problematisch, wenn Banken „ein gutes Eingreifen der BaFin vor Gericht blockieren können“.

Allerdings zeigt eine Umfrage, dass viele Banken trotz der BGH-Urteile aus 2021 und 2024 Zinsnachzahlungen nur zögerlich angehen. Nicht einmal die Hälfte der größten Sparkassen kontaktiert betroffene Kunden proaktiv.