Einzelhandel unter Druck – und das aus dem Weißen Haus
Walmart-Chef Doug McMillon bringt es auf den Punkt: „Wir werden unser Bestes tun, um die Preise niedrig zu halten.“ Doch das Versprechen klingt eher nach Durchhalteparole.
Denn was der Konzern am Donnerstag bekanntgab, ist eine stille Warnung – und ein offenes Eingeständnis, wie stark selbst ein Gigant wie Walmart von der Politik abhängig ist.
Die neuen Zölle, die US-Präsident Donald Trump ins Spiel bringt, könnten direkte Auswirkungen auf Millionen Haushalte haben. Und das schneller, als viele denken.
Zölle treffen die Falschen – vor allem die Kunden
Walmart ist mit Abstand der größte Importeur von Containerware in den USA. Von Kinderspielzeug über Elektronik bis hin zu Bekleidung – ein erheblicher Teil des Sortiments stammt aus China.
Zwar einigten sich beide Länder Anfang der Woche auf etwas niedrigere Zollsätze. Doch das reicht laut Walmart nicht aus, um die steigenden Kosten zu kompensieren.
Der Einzelhandel operiere ohnehin mit extrem niedrigen Margen, so McMillon. Der Preisdruck lasse sich nicht vollständig intern abfangen – ein Teil werde wohl an die Verbraucher weitergegeben.
Keine Prognose fürs zweite Quartal – das gab’s lange nicht
Bemerkenswert ist nicht nur die Warnung vor Preissteigerungen – sondern vor allem das, was Walmart nicht sagt. Für das zweite Quartal gibt der Konzern erstmals keine konkrete Gewinnerwartung aus.
Die Schwankungsbreite sei schlicht zu groß, erklärte Finanzchef John David Rainey. Es sei unmöglich abzuschätzen, wie sich die Handelsbedingungen entwickeln, ob neue Zölle in Kraft treten oder bestehende verschärft werden.
In einem so eng getakteten Geschäft wie dem Einzelhandel kann das über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Langfristige Prognose bleibt – mit Unsicherheitsfaktor
Trotz aller Vorbehalte bleibt Walmart bei seiner Umsatz- und Gewinnprognose für das Gesamtjahr, das im Januar 2026 endet. Rainey gibt sich zuversichtlich, dass der Konzern „gut navigieren“ werde.
Doch zwischen den Zeilen ist klar: Diese Prognose steht auf wackligem Fundament. Denn sie basiert auf der Hoffnung, dass keine weiteren Zollerhöhungen kommen – und dass sich die Inflation nicht stärker auswirkt als bisher erwartet.
Systemrisiko: Handelsstreit trifft auf Konsumflaute
Der Zeitpunkt der Warnung ist brisant. Die US-Konjunktur kühlt sich ab, das Konsumverhalten ist bereits verhaltener als noch im Vorjahr. Viele amerikanische Haushalte haben ihre pandemiebedingten Ersparnisse aufgebraucht, die Kreditkartenschulden steigen.
Wenn nun auch noch Preise für Alltagsgüter klettern, weil Importkosten steigen, könnte das den privaten Konsum – und damit einen zentralen Wachstumstreiber der US-Wirtschaft – empfindlich treffen.
Für Walmart ist das doppelt gefährlich: Steigende Preise drücken auf die Kundenzufriedenheit, gleichzeitig belasten sie das operative Ergebnis. Gerade im Preissegment, das Walmart bedient, ist die Sensibilität enorm. Die Marge auf einem 9-Dollar-T-Shirt lässt sich nicht einfach mit einem Zuschlag retten – sie verschwindet ganz.
Politik als Störgröße im operativen Geschäft
Die eigentliche Botschaft zwischen den Zeilen: Unternehmen wie Walmart sehen sich immer häufiger gezwungen, politische Entwicklungen in ihre Quartalsplanung einzubeziehen – und das macht Prognosen zur Lotterie.
Trumps Zollpolitik ist ein gutes Beispiel für wirtschaftliche Unberechenbarkeit. Selbst nach der vorsichtigen Entspannung zwischen Washington und Peking bleiben Risiken bestehen. Denn wie dauerhaft die Einigung vom Montag ist, weiß niemand.
Ein Frühindikator für den Rest der Wirtschaft
Was Walmart vorlebt, wird andere Einzelhändler früher oder später ebenfalls treffen. Wer auf Importe angewiesen ist – und das sind in einer globalisierten Wirtschaft fast alle – wird sich mit höheren Einkaufspreisen konfrontiert sehen.
Für Discounter und Warenhäuser mit niedrigen Margen ist das ein ernstes Problem. Für Markenanbieter mit Preissetzungsmacht wird es zum Balanceakt zwischen Margenschutz und Kundenbindung.
Das könnte Sie auch interessieren:
