Die erste Begegnung zwischen Kanadas Premierminister Justin Trudeau und dem designierten US-Präsidenten Donald Trump fand am Freitag im luxuriösen Mar-a-Lago-Resort in Florida statt. Bereits im Vorfeld hatte Trump mit der Einführung drastischer Importzölle auf kanadische Produkte gedroht, die er am ersten Tag seiner Amtszeit umsetzen möchte. Durch dieses Treffen positionierte sich Trudeau als erster G7-Staatsführer, der dem neu gewählten US-Präsidenten nach dessen Wahlsieg die Hand reichte, und versuchte, einem drohenden nordamerikanischen Handelskonflikt vorzubeugen, der die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder gefährden könnte.
Das Treffen wurde von Trumps künftigen Kabinettsmitgliedern begleitet, darunter Howard Lutnick, der die Handelsbeziehungen überwachen wird, sowie Mike Waltz und Doug Burgum, die ebenfalls entscheidende Positionen einnehmen sollen. Während die kanadische Delegation, angeführt von Trudeaus Stabschefin Katie Telford und dem Minister für öffentliche Sicherheit Dominic LeBlanc, in einem anderen Hotel in der Nähe von Palm Beach verweilte, blieb die Öffentlichkeit über den genauen Gesprächsverlauf im Dunkeln. Trump selbst kommentierte auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social lediglich vage, er habe einen "interessanten besonderen Gast" bei Tisch gehabt.
Bereits zuvor hatte Trump mit einer 25-prozentigen Steuer auf alle aus Kanada und Mexiko importierten Waren gedroht – eine Maßnahme gegen die vermeintliche Einfuhr illegaler Drogen und Einwanderer. Um dem entgegenzuwirken, plant die kanadische Regierung, ihre Grenzsicherheit zu verstärken, wie kürzlich in einem Treffen zwischen Trudeau und kanadischen Provinzführern beschlossen wurde.
Diese drohenden Zölle könnten Kanadas Wirtschaft schwer treffen. Tony Stillo von Oxford Economics warnt, dass eine derartige Maßnahme Kanada in eine Rezession stürzen und die Bank of Canada zu Zinserhöhungen zwingen könnte. Besonders schwer betroffen wären die Energie- und Automobilindustrie sowie andere Sektoren der Schwerindustrie, die stark auf den Handelsaustausch mit den USA angewiesen sind.
Im Gegenzug verfügt Kanada über erhebliches Gewicht im bilateralen Handel, vor allem im Energiesektor, da es 60 Prozent der US-amerikanischen Rohölimporte liefert. Laut Lisa Baiton von der Canadian Association of Petroleum Producers könnte ein solcher Zoll zu Produktionsrückgängen in Kanada und höheren Energiepreisen für US-Verbraucher führen.
Trudeau ist bereits geübt darin, mit Trumps „America First“-Politik umzugehen. Schon 2017 verlangte der damalige Präsident eine Neuverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) und kritisierte Kanadas Verteidigungsausgaben. Diese würden das NATO-Ziel von 2 Prozent des BIP bis 2032 nicht erreichen, wie Trudeau bei einem NATO-Gipfel im Juli zu bedenken gab.