22. Mai, 2025

Quartalszahlen

Ryanair unter Druck – Billigflüge werden teuer bezahlt

Weniger Gewinn trotz voller Maschinen: Europas größter Billigflieger kämpft mit niedrigen Ticketpreisen, Problemen bei Boeing – und einem geopolitischen Risiko, das kaum jemand im Blick hat.

Ryanair unter Druck – Billigflüge werden teuer bezahlt
200 Millionen Passagiere, 16 % weniger Gewinn. Trotz Rekordauslastung rutschte Ryanair beim Gewinn deutlich ab – weil Tickets zu billig verkauft und neue Jets zu spät geliefert wurden

200 Millionen Fluggäste – aber weniger Gewinn

Die Zahlen sehen auf den ersten Blick solide aus: 200 Millionen Passagiere im letzten Geschäftsjahr, damit fast so viele wie noch nie. Und dennoch: Der Gewinn von Ryanair ist eingebrochen.

Satte 16 Prozent weniger als im Vorjahr – untypisch für ein Unternehmen, das sonst mit Effizienz glänzt wie kaum ein anderer Anbieter im Luftverkehr.

Quelle: Eulerpool

Die Ursache: Die Ticketpreise. „Zu billig“, so die nüchterne Diagnose von CEO Michael O’Leary. Trotz Rekordauslastung blieb unter dem Strich weniger hängen.

Und damit steht der irische Billigflieger exemplarisch für ein Dilemma, das derzeit viele Airlines trifft: hohe Nachfrage – aber steigende Kosten und volatile Rahmenbedingungen.

O’Leary fliegt auf Sicht

Der sonst so meinungsfreudige Ryanair-Chef gibt sich ungewohnt vorsichtig. Eine Prognose für das laufende Geschäftsjahr? Gibt es nicht.

Quelle: Eulerpool

Die geopolitische Lage sei zu unsicher, ebenso die Folgen des Zollstreits zwischen den USA und der EU. Und dann ist da noch das chronische Sorgenkind: Boeing.

Das Boeing-Dilemma

Seit Jahren fliegt Ryanair ausschließlich mit Maschinen von Boeing. Eine enge Partnerschaft, die nun ins Wanken gerät. Der Grund: Verzögerungen bei der Auslieferung neuer Jets.

Gleich zweimal musste Ryanair die Prognose für das Passagierwachstum nach unten korrigieren, weil Boeing schlicht nicht rechtzeitig liefern konnte.

Quelle: Eulerpool

Besonders heikel: Ryanair droht nun offen mit einem Bruch. Sollte es zu Vergeltungszöllen kommen – als Antwort auf die US-Abgaben gegen europäische Produkte – will O’Leary milliardenschwere Bestellungen stornieren.

Ein klares Signal an Boeing: Wer Europas größten Billigflieger beliefern will, muss auch liefern – ohne politische Aufschläge.

Sommergeschäft als Hoffnungsträger

Trotz aller Unsicherheiten ist O’Leary nicht pessimistisch. Die Buchungen für die Sommermonate seien stark, betont der CEO. Neue Verbindungen nach Italien, Malta und die Türkei sollen zusätzlich für Rückenwind sorgen. Es bleibt dabei: Die warmen Monate entscheiden über das Jahr – nicht nur bei Ryanair.

Erwartet werden 206 Millionen Fluggäste im neuen Geschäftsjahr. Ob das reicht, um wieder auf Wachstumskurs zu kommen, hängt nicht nur von Ticketpreisen und Urlaubslust ab, sondern auch von Lieferplänen in Seattle und diplomatischer Feinfühligkeit zwischen Brüssel und Washington.

Rückkauf statt Ausbau?

Bemerkenswert ist ein anderer Schritt: Ryanair kündigt einen Aktienrückkauf über 750 Millionen Euro an – ein ungewöhnlich großer Schritt in einer Zeit, in der Wachstum und Flottenausbau eigentlich Priorität haben sollten. Ein Zeichen von Selbstvertrauen? Oder eher ein Mangel an Alternativen?

Ryanair bleibt Platzhirsch – vorerst

Im Vergleich zur Konkurrenz steht Ryanair weiterhin robust da. Während Easyjet mit schwachen Zahlen kämpft und Wizz Air unter Druck bleibt, konnte sich Ryanairs Aktie 2025 bisher um rund 18 Prozent verbessern. Ein Beleg für die operative Stärke – aber auch ein Zeichen dafür, wie niedrig die Erwartungen der Anleger inzwischen geworden sind.

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