Mercedes-Benz muss sich auf eine Abkühlung einstellen. Zwischen April und Juni hat der Konzern weltweit 453.700 Pkw an den Handel ausgeliefert – ein Minus von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.
Besonders in zwei Schlüsselmärkten lief es schlecht: In China, dem mit Abstand wichtigsten Einzelmarkt für Mercedes, sackten die Verkaufszahlen um 19 Prozent ab. In den USA liegt das Minus bei zwölf Prozent.
Die neue Zollwelt trifft Stuttgart mit Wucht
Offiziell heißt es, die Auslieferungen seien "bewusst angepasst" worden – als Reaktion auf die sich verändernde globale Zollpolitik. Dahinter steht vor allem der US-Beschluss, die Importzölle auf bestimmte Fahrzeuge um 25 Prozent anzuheben.
Mercedes will nicht blind in Händlerregale liefern, wenn die Margen wegbrechen. Auch in China sorgen zunehmende wirtschaftliche Unsicherheiten und wachsender nationaler Protektionismus für Druck.
Zahlen, die Fragen aufwerfen
Interessant ist, dass die Auslieferungen an Endkunden mit 464.600 Fahrzeugen – also rund 11.000 mehr als die Handelsauslieferungen – sogar leicht über Vorjahresniveau lagen.
In den USA meldet Mercedes gar ein Plus von 26 Prozent bei den Endkundenverkäufen. Wie passt das zusammen?

Ein Teil der Erklärung: Die Händler greifen auf Lagerware zurück, um Preisdruck auszuweichen. Das bedeutet aber auch: Die Absatzdelle bei Mercedes könnte sich im dritten Quartal verstärken.
Vans schwächeln, China bleibt Problemfall
Auch im Van-Segment zeigt die Kurve nach unten. Nur noch 93.000 Transporter und große Vans wurden verkauft, zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Besonders drastisch ist der Einbruch in China: minus 34 Prozent.
In den USA steht ein Rückgang von rund 25 Prozent zu Buche. Hier machen sich gleich mehrere Effekte bemerkbar: Konjunktursorgen, geopolitische Unsicherheiten, aber auch eine wachsende Konkurrenz durch chinesische und amerikanische Hersteller.
Wie viel Spielraum bleibt Ola Källenius?
Der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz, Ola Källenius, steht unter Druck. Nach einem Jahrzehnt des Luxus-Booms muss sich der Konzern nun auf eine Welt mit höheren Handelsbarrieren, wachsender Elektrokonkurrenz und zunehmend gesättigten Märkten einstellen.
Die Strategie, sich stärker auf margenstarke Fahrzeuge zu konzentrieren und gleichzeitig weniger in die Breite zu liefern, ist riskant. Sie kann nur aufgehen, wenn die Nachfrage auch in einem dünn besetzten Regal hoch bleibt.
Einbruch oder Umbruch?
Ob es sich beim aktuellen Rückgang um einen temporären Effekt oder um den Beginn einer strukturellen Schrumpfung handelt, ist noch offen. Doch die Zahlen werfen Fragen auf: Wie verwundbar ist Mercedes gegenüber geopolitischen Risiken?
Wie flexibel ist der Konzern, wenn Absatzmärkte wie China ins Wanken geraten? Und vor allem: Was ist die richtige Antwort auf eine Welt, in der Exportmodelle zunehmend unter Druck geraten? Noch hat Mercedes keine klare Antwort gegeben.
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