Ein Riss im Fundament
Die Nachricht traf die Börse wie ein Stromschlag: ASMLs neuer Chef Christophe Fouquet hat in aller Deutlichkeit klargemacht, dass der Konzern seine ambitionierte Wachstumsprognose für 2026 nicht mehr aufrechterhält. Ein mutiger Schritt – und einer, der Fragen aufwirft.
Denn die eigentlichen Geschäftszahlen sind auf den ersten Blick robust: Mit 7,7 Mrd. Euro Umsatz und 2,3 Mrd. Euro Gewinn übertraf der Konzern die Erwartungen. Und doch verlor die Aktie nach Bekanntgabe der Quartalszahlen zeitweise über sieben Prozent.
Unruhe in der Schaltzentrale der Chipindustrie
Für viele Investoren galt ASML lange als verlässlicher Taktgeber der globalen Halbleiterindustrie – technologisch führend, wirtschaftlich stabil, strategisch alternativlos. Vor allem die marktbeherrschende Stellung bei EUV-Lithographie-Maschinen macht den Konzern nahezu unersetzlich.
Doch Fouquet machte unmissverständlich klar: Die geopolitische Lage, neue US-Zölle auf Maschinenexporte und ein diffuses globales Marktumfeld lassen eine präzise Prognose für 2026 derzeit nicht zu. Für Anleger ein Warnsignal.
Zahlen, die eigentlich Vertrauen schaffen sollten
Tatsächlich zeigt die operative Leistung Stärke: Der Auftragseingang lag mit 5,5 Mrd. Euro deutlich über den Schätzungen (4,8 Mrd. Euro), auch Umsatz und Ergebnis übertrafen die Erwartungen der Analysten.
Doch genau das verstärkt das Paradoxon – warum dieser Pessimismus beim Ausblick? Warum streicht ein wachstumsstarker Marktführer bei vollen Auftragsbüchern seine Langfristprognose? Die Antwort liegt nicht in den Bilanzen, sondern zwischen den Zeilen.
Zollpolitik als Damoklesschwert
Ein zentraler Unsicherheitsfaktor sind mögliche neue US-Zölle auf Hochtechnologie-Exporte. ASML liefert essenzielle Maschinen zur Chipproduktion nach China – und steht dabei unter Druck sowohl von US- als auch von EU-Behörden.
Fouquet warnt offen: Sollte die US-Regierung neue Abgaben auf Hightech-Komponenten einführen, könnten nicht nur Lieferketten ins Wanken geraten, sondern auch die Margen deutlich leiden.
Das ist mehr als eine Vorsichtsmaßnahme – es ist eine offene Kampfansage an die politischen Rahmenbedingungen.
Warum Investoren nervös werden – und bleiben
Die Märkte mögen keine Unsicherheit. Eine gestrichene Prognose ohne klaren Ersatz lässt selbst starke Quartalszahlen verblassen. Die langfristige Investmentstory – KI, Automatisierung, globale Chipnachfrage – bleibt zwar intakt. Doch kurzfristig zieht ASML selbst den Fuß vom Gas.
Für viele Tech-Investoren, die auf präzise Roadmaps und Skalierbarkeit setzen, ist das ein Warnzeichen. Vor allem, weil das Management nicht nur externe Risiken betont, sondern auch intern noch keine Alternative zu den ursprünglichen Wachstumszielen skizziert hat.
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