Waffen verkaufen sich besser denn je – auch dank geopolitischer Spannungen und milliardenschwerer Verteidigungsprogramme. Thales nutzt die Gunst der Stunde und schraubt seine Wachstumsziele weiter nach oben. Doch hinter dem Aufschwung steckt ein Markt mit politischen Risiken.
Militär treibt Margen
Thales liefert, was Regierungen derzeit besonders dringend brauchen: elektronische Systeme für Kampfjets, Lenkwaffen und Cyberabwehr. Der Konzern ist ein europäischer Rüstungsriese mit rund 80.000 Beschäftigten und Kunden in über 50 Ländern.
Dass das Geschäft floriert, zeigen die aktuellen Halbjahreszahlen eindrucksvoll: Der Umsatz kletterte auf vergleichbarer Basis um 8,1 Prozent auf 10,27 Milliarden Euro, der bereinigte Betriebsgewinn stieg sogar um 12,7 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro.
Die operative Marge liegt damit bei über zwölf Prozent – ein Wert, von dem viele zivile Industrieunternehmen in Europa nur träumen können. Die Nachfrage nach hochspezialisierter Verteidigungselektronik hat sich zuletzt massiv beschleunigt. Auch weil viele NATO-Staaten ihre Budgets aufstocken, seit Russland in der Ukraine einmarschiert ist.
Von Paris bis Warschau: volle Auftragsbücher
Thales ist längst nicht mehr nur Zulieferer. Der Konzern spielt an entscheidenden Stellen mit: bei der Flugabwehr, bei taktischer Kommunikation, bei Satellitentechnik.
Und mit Blick auf die kommenden Jahre rechnet das Management mit weiterem Rückenwind. Die neue Prognose: Ein Umsatzplus von 6 bis 7 Prozent – angehoben von zuvor 5 bis 6 Prozent. In Euro: Bis zu 22 Milliarden Umsatz allein im Jahr 2025.
Treiber sind unter anderem neue Großprojekte in Polen, die massive Nachrüstung Frankreichs und Sicherheitsverträge mit den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch Deutschland bestellt zunehmend Systeme aus dem Thales-Katalog – etwa für das Kommando- und Kontrollnetzwerk der Bundeswehr.
Weniger Aufträge – aber auf hohem Niveau
Auffällig ist jedoch: Der Auftragseingang sank im ersten Halbjahr um vier Prozent auf 10,35 Milliarden Euro – im Vergleich zu einem außergewöhnlich starken Vorjahr.
Dennoch lagen die Neuaufträge über Markterwartungen. Analysten sehen darin keine Schwäche, sondern eine temporäre Normalisierung nach Großabschlüssen 2023.
Thales selbst gibt sich gelassen. Die Pipeline sei weiterhin gut gefüllt, und das Segment Defence & Security habe überdurchschnittlich zur Profitabilität beigetragen. Auch die Nachfrage aus dem Bereich Cybersecurity, den Thales zuletzt durch Zukäufe ausgebaut hat, wächst zweistellig.
Zivile Sparten geraten ins Hintertreffen
Während der Rüstungsbereich glänzt, zeigen andere Geschäftsbereiche ein deutlich gemischteres Bild. Die zivile Luftfahrt erholt sich zwar nach der Pandemie, bleibt aber margenschwach. Im Bahntechniksegment, das unter anderem Signal- und Steuerungstechnik liefert, ist das Wachstum moderat.
Der strategische Fokus verschiebt sich spürbar in Richtung Verteidigung. Nicht nur, weil dort die Margen höher sind – sondern weil die staatliche Nachfrage stabiler geworden ist als in vielen anderen Märkten. Es ist ein Trend, den auch andere Player wie Rheinmetall oder Leonardo beobachten – und gezielt verstärken.
Investoren jubeln – Ethik bleibt Nebensache
Die Börse honoriert die Entwicklung. Thales-Aktien haben seit Jahresbeginn rund 20 Prozent zugelegt. Analysten sehen weiteres Potenzial, solange die Rüstungshaushalte in Europa steigen und geopolitische Konflikte ungelöst bleiben.
Doch der Höhenflug hat eine Kehrseite. Denn mit jedem Euro mehr, den Thales verdient, wächst auch die ethische Debatte um Kriegsgewinne und Staatsaufträge. Zwar betont das Unternehmen seine Standards in puncto Exportkontrolle – doch Kritiker verweisen regelmäßig auf Geschäfte mit autoritären Regimen.
Die französische Regierung, größter Einzelaktionär bei Thales, bleibt bislang zurückhaltend. In Paris sieht man den Konzern als strategisch systemrelevanten Akteur – und als Garant für europäische Souveränität in sensiblen Technologiefragen.
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