Forscher des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben die Entwicklung der Fachkräftelücke in den kommenden Jahren untersucht und alarmierende Einblicke gewonnen. Laut der Studie wird die größte Lücke im Bereich der Verkäuferinnen und Verkäufer erwartet. Hier könnten bis 2027 etwa 37.000 Fachkräfte fehlen. Bereits heute existieren in vielen Regionen Engpässe im Verkaufsbereich. Die Diskrepanz zwischen Arbeitslosen und offenen Stellen in diesem Sektor wird immer größer. 2022 standen 45.000 arbeitslosen Verkäufern 65.000 offene Stellen gegenüber. Studienautor und Ökonom Alexander Burstedde sieht den Mangel unter anderem als Folge der Corona-Pandemie, in deren Verlauf sich viele Beschäftigte beruflich neu orientiert haben. Verkäufer gehören mit knapp 850.000 Beschäftigten zur viertgrößten Berufsgruppe in Deutschland. Darunter fallen Einzelhandelskaufleute, Fachverkäufer und weiteres Verkaufspersonal, das in direktem Kundenkontakt steht. Ein weiteres bedenkliches Szenario zeigt sich bei den Erziehern. Experten prognostizieren bis 2027 einen Mangel von mehr als 27.600 Fachkräften in diesem Bereich. Obwohl die Zahl der Erzieher insgesamt steigt, reicht das Wachstum nicht aus, um den stark wachsenden Bedarf zu decken. "Wir brauchen mehr Erzieher, um es Eltern zu ermöglichen, mehr zu arbeiten", erklärt Burstedde. Auch in der Sozialarbeit, der Krankenpflege und der Informatik wird ein zunehmender Fachkräftemangel beobachtet. Besonders stark betroffen ist Ostdeutschland, wo der Anstieg der Fachkräftelücke laut IW signifikant ausfällt. Eine zentrale Ursache hierfür ist der Ruhestand vieler langjähriger Arbeitskräfte bei gleichzeitigem Mangel an Nachwuchs. Der größte Rückgang an Beschäftigung wird bei an- und ungelernten Arbeitskräften in der Metallbearbeitung sowie bei ausgebildeten Bankkaufleuten erwartet. Traditionelle Bankausbildungen verlieren an Relevanz, da viele Bankfilialen schließen und Kunden zunehmend auf Online-Banking umstellen. "Der alte Satz 'Mach etwas Sicheres und mach eine Bankausbildung' ist nicht mehr gültig", stellt Burstedde klar. Zur Bekämpfung der Fachkräftelücke empfiehlt der Wissenschaftler zwei Maßnahmen: Arbeitgeber sollten ältere Mitarbeiter länger beschäftigen und das Potenzial von Zugewanderten stärker nutzen.
Wirtschaft
Steigende Fachkräftelücke bis 2027: Verkauf und Erziehung besonders betroffen
