Whisky auf der Kippe
150 Millionen Dollar – so viel könnte Diageo der Handelskonflikt mit den USA jährlich kosten. Was einst nach einem politischen Strohfeuer klang, trifft den britischen Spirituosenkonzern inzwischen ins Mark.
Denn während der ehemalige US-Präsident Donald Trump neue Zölle auf Importe aus Kanada und Mexiko verhängte, geraten auch jahrzehntelang gewachsene Lieferketten ins Rutschen.
Die Folgen sind konkret: Produkte wie Baileys oder Don Julio, teils in Mexiko hergestellt, werden durch Strafzölle künstlich verteuert.
Der US-Markt ist für Diageo nicht irgendein Absatzgebiet – er ist das Herzstück. Fast 50 % des Umsatzes dort stammen von Marken, die außerhalb der USA produziert werden. Und genau hier liegt das Problem.
Debra Crew zieht die Reißleine
Diageo-CEO Debra Crew spricht Klartext: Die wirtschaftlichen Aussichten seien angesichts der geopolitischen Unsicherheit nur schwer einzuschätzen. Zu volatil der Welthandel, zu fragil die Konjunkturprognosen.
Als Reaktion kündigte die Konzernchefin am Montag ein Sparprogramm in Höhe von 500 Millionen US-Dollar an – ein Signal, das weit über die Branche hinaus wirkt.
Das Unternehmen hat bereits im Februar vor möglichen jährlichen Verlusten von bis zu 200 Millionen Dollar gewarnt. Nun konkretisieren sich die Auswirkungen: Die Belastungen durch Zölle sind real, spürbar und wirken sich direkt auf die strategische Planung aus.
Mehr Umsatz, aber weniger Gewinn
Paradox: Operativ läuft es eigentlich gar nicht schlecht. Im jüngsten Quartal konnte Diageo den organischen Umsatz weltweit um knapp 6 % steigern – vor allem dank starker Marken wie Johnnie Walker und Guinness. In Europa und Asien bleibt die Nachfrage nach Premiumspirituosen stabil, auch Lateinamerika entwickelt sich besser als erwartet.

Doch der Ausblick bleibt verhalten. Für das Gesamtjahr 2024/25 rechnet der Konzern mit einem leichten Rückgang des operativen Gewinns – trotz steigender Erlöse. Ein Warnsignal, das zeigt, wie stark Zölle und geopolitische Spannungen mittlerweile in die Marge fressen.
Politische Risiken werden geschäftsrelevant
Die Entscheidung der US-Regierung, neue Einfuhrzölle gegen Produkte aus Kanada und Mexiko zu verhängen, trifft nicht nur Diageo, sondern auch andere Unternehmen, die auf nordamerikanische Produktionsstandorte setzen.
Für global agierende Konzerne bedeutet das: Effizienzgewinne durch Nearshoring oder Freihandelsabkommen sind plötzlich wieder unsicher geworden.
Die protektionistischen Tendenzen aus Washington wirken wie ein Rückfall in alte Handelsmuster. Für Diageo, das auf länderübergreifende Produktion und internationale Logistik setzt, sind die politischen Eingriffe ein direkter Angriff auf das eigene Geschäftsmodell.
Der Premiumsektor wird nervös
Die Spirituosenbranche war bislang erstaunlich widerstandsfähig – auch in der Pandemie. Doch die aktuellen Belastungen zeigen: Selbst große Namen sind nicht immun gegen geopolitische Spannungen. Wenn Exportmargen schrumpfen und Absatzmärkte durch nationale Maßnahmen beschnitten werden, wird selbst für Marktführer wie Diageo die Luft dünner.
Analysten verweisen auf den wachsenden Druck in den USA – vor allem im mittelpreisigen Segment. Die Kunden sind sensibel, und Preiserhöhungen lassen sich nicht unbegrenzt weitergeben. Der Sparkurs ist daher nicht nur eine Reaktion auf Zölle, sondern auch auf das sich verändernde Konsumverhalten.
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