31. Oktober, 2025

Global

Russlands stille Revolution: Der Rubel ersetzt den Dollar – und der Westen schaut zu

Zum ersten Mal in der Geschichte rechnet Russland mehr als die Hälfte seines Außenhandels in Rubel ab. Der Schritt ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer langfristigen Strategie: Moskau entkoppelt sich gezielt vom Westen – wirtschaftlich, finanziell und ideologisch.

Russlands stille Revolution: Der Rubel ersetzt den Dollar – und der Westen schaut zu
Rubel im Aufwind: Im August 2025 wurden erstmals mehr als 55 % des russischen Außenhandels in Rubel abgewickelt – ein historischer Rekord und Symbol der Abkehr vom Westen.

Rubel statt Dollar: Ein Paradigmenwechsel im Welthandel

Es ist eine Zahl, die für Washington und Brüssel gleichermaßen alarmierend ist: 55,2 Prozent des russischen Außenhandels wurden im August 2025 in Rubel abgewickelt – ein historischer Rekord. Beim Export lag der Anteil sogar bei 56,3 Prozent, beim Import bei 54,1 Prozent, wie die russische Zentralbank meldete.

Damit hat Russland in nur drei Jahren geschafft, was jahrzehntelang als undenkbar galt: den Dollar und Euro weitgehend aus seinem Außenhandel zu verdrängen. Noch 2021 waren über 80 Prozent der Exporte und fast 70 Prozent der Importe in westlichen Währungen fakturiert worden. Heute liegt der Anteil dieser Währungen bei kaum mehr als 15 Prozent.

Das zeigt: Die wirtschaftliche Entkopplung vom Westen ist keine politische Parole mehr – sie ist Realität.

Die Strategie der De-Dollarisierung

Russlands „De-Dollarisierung“ begann nicht erst mit dem Angriff auf die Ukraine, sondern mit der Annexion der Krim 2014. Schon damals reduzierte Moskau den Anteil von US-Staatsanleihen in seinen Währungsreserven, um sich gegen Sanktionen abzusichern. Doch erst nach dem Februar 2022 beschleunigte sich der Prozess dramatisch.

Seither arbeitet der Kreml daran, den Finanzfluss konsequent aus westlicher Kontrolle zu befreien:

  • US-Dollar und Euro werden aus staatlichen Reserven gestrichen,
  • internationale Transaktionen zunehmend über alternative Zahlungssysteme abgewickelt,
  • und strategische Handelsströme in Richtung „freundlicher Staaten“ umgeleitet.

Was wie ein geopolitisches Experiment klingt, ist längst gelebte Wirtschaftspraxis. Der Rubel wird – entgegen allen westlichen Prognosen – nicht schwächer, sondern politisch relevanter.

China füllt das Vakuum

Der wichtigste Partner dieser neuen Handelsordnung ist China. Noch 2014 entfielen nur rund 10 Prozent des russischen Außenhandels auf die Volksrepublik. Heute sind es 40 Prozent der Importe und 30 Prozent der Exporte. 2024 erreichte das bilaterale Handelsvolumen 245 Milliarden US-Dollar – ein Rekordwert.

Der Yuan ist dabei zur zentralen Ersatzwährung geworden. Für Moskau bedeutet das: Sicherheit vor westlichen Sanktionen, für Peking: mehr Einfluss im globalen Finanzsystem. Der Yuan wird zur geopolitischen Brücke – und zugleich zum Hebel chinesischer Macht.

Auch Indien profitiert: Das Land hat sich als Großabnehmer russischen Erdöls etabliert und wickelt die Importe zunehmend in Rupien und Rubel ab.

Der Westen verliert Hebelwirkung

Die westliche Sanktionspolitik, die Russland nach dem Überfall auf die Ukraine wirtschaftlich isolieren sollte, hat damit ihre Grenzen erreicht. Zwar belasten Exportverbote und Finanzsperren die russische Wirtschaft – aber sie haben gleichzeitig einen Gegenmechanismus geschaffen: die beschleunigte wirtschaftliche Eigenständigkeit.

Sekundärsanktionen gegen chinesische und indische Unternehmen, wie sie Washington inzwischen prüft, drohen zum Bumerang zu werden. Je stärker der Westen versucht, den Handel mit Russland zu unterbinden, desto enger rücken die nicht-westlichen Länder zusammen.

Zwei Ökonomen des Magazins Foreign Affairs forderten jüngst eine Neuausrichtung der Sanktionsstrategie: Statt den Kapitalfluss nach Russland zu blockieren, solle der Westen gezielt die Abwanderung von Fachkräften und Vermögen aus Russland fördern – um das Land von innen zu schwächen.

Der Preis der Autarkie

So beeindruckend die Zahlen klingen, so groß sind die Schattenseiten. Die russische Wirtschaft bleibt von einer hohen Importabhängigkeit bei Technologie und Maschinenbau geprägt. Auch die Rubelstabilität beruht auf strenger Kapitalverkehrskontrolle und einer politisch gesteuerten Geldpolitik.

Gleichzeitig wächst die Abhängigkeit von China – wirtschaftlich wie politisch. In Peking entscheidet man zunehmend mit, wie Moskaus Außenhandel funktioniert. Der Rubel mag westliche Währungen verdrängen, doch er tauscht sie gegen eine neue Abhängigkeit ein.

Der geopolitische Wendepunkt

Russlands ökonomische Neuausrichtung ist längst mehr als eine Reaktion auf Sanktionen. Sie markiert einen tektonischen Bruch in der globalen Wirtschaftsordnung.

Mit der Abkehr vom Westen etabliert Moskau eine neue Handelslogik – eine, in der Macht durch Märkte ersetzt und Währungspolitik zum geopolitischen Instrument wird.

Für den Westen ist das mehr als eine Warnung. Es ist ein Hinweis darauf, dass die Wirtschaftsordnung der Nachkriegszeit zu bröckeln beginnt – nicht durch Waffen, sondern durch Währungen.

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