Der Jeansklassiker Levi’s ist zurück – zumindest in Europa. Nach Jahren der Stagnation erlebt der US-Traditionskonzern einen erstaunlichen Nachfrageaufschwung, insbesondere auf dem alten Kontinent.
Die Folge: Levi Strauss hebt seine Jahresprognose für Umsatz und Gewinn an – obwohl Donald Trumps Zolldrohungen wie ein Damoklesschwert über der globalen Lieferkette hängen.
Umsatzplus statt Rückgang – Europa als Treiber
Noch vor wenigen Monaten sah es düster aus: Die Jahresprognose für das Geschäftsjahr 2025 war vorsichtig bis pessimistisch, von einem Rückgang des Umsatzes war die Rede.
Nun die Kehrtwende: Levi Strauss rechnet plötzlich mit einem Umsatzwachstum von ein bis zwei Prozent – getragen vor allem von einer kräftigen Erholung in Europa. Hier legte der Umsatz im abgelaufenen Quartal um satte 14 Prozent zu, nachdem er im Vorjahresquartal noch gefallen war.
Bemerkenswert ist dabei nicht nur die Dynamik in Europa, sondern auch die Abweichung von den Erwartungen: Analysten hatten mit einem Quartalsumsatz von 1,37 Milliarden Dollar gerechnet – geworden sind es 1,45 Milliarden. Der Gewinn je Aktie lag mit 22 Cent deutlich über den prognostizierten 13 Cent.
Lieferketten im Umbau – China raus, Bangladesch rein
Dass Levi Strauss in dieser Gemengelage überhaupt liefern kann, ist kein Zufall. Seit Monaten arbeitet der Konzern daran, seine Lieferketten neu zu organisieren – weg von China, hin zu alternativen Produktionsstandorten.
Nur noch ein Bruchteil der Importe in die USA stammt aus der Volksrepublik. Stattdessen setzt Levi zunehmend auf Länder wie Bangladesch, Kambodscha und Indonesien.
Finanzchef Harmit Singh spricht offen über den geopolitischen Druck:
„Trotz höherer Zölle und politischer Unsicherheiten sind wir weiter auf Wachstumskurs“, sagte er.
Tatsächlich ist Levi Strauss einer der wenigen US-Textilkonzerne, die mit einer entschlossenen Diversifizierungsstrategie auf die aggressive Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung reagieren – und dabei nicht in Panik verfallen, sondern ihre Hausaufgaben machen.
Trump-Zölle bleiben Risiko – Investoren blenden es aus
Dass die Aktie im nachbörslichen US-Handel um rund acht Prozent zulegte, zeigt das Vertrauen der Anleger. Doch der Jubel über die Quartalszahlen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Levi weiterhin auf unsicherem geopolitischem Terrain operiert. Die Zollpolitik Washingtons bleibt erratisch, und es ist unklar, ob die neuen Lieferketten langfristig stabil und effizient genug sind.
Zudem sind höhere Zölle nicht einfach durch Verlagerung zu kompensieren – vor allem nicht, wenn Trump wie angekündigt eine generelle Erhöhung der Einfuhrabgaben plant. Für einen global agierenden Bekleidungskonzern wie Levi ist das keine Kleinigkeit.
Auch in Europa bleibt die Situation fragil: Das starke Quartal könnte ebenso gut eine temporäre Modewelle sein – oder das Ergebnis besonders günstiger Wechselkurse.
Vom Nischen-Image zur breiten Offensive
Levi Strauss hat sich in den vergangenen Jahren systematisch breiter aufgestellt. Das Markenportfolio wurde erweitert, die Produktlinien diversifiziert.
Neben klassischen Jeans verkauft das Unternehmen inzwischen verstärkt Oberbekleidung, Schuhe und Accessoires – häufig mit Fokus auf jüngere Zielgruppen. Auch der Online-Handel wurde gestärkt, der in Europa inzwischen zu einem bedeutenden Umsatztreiber geworden ist.
All das zeigt: Levi ist nicht mehr nur die Denim-Marke aus der US-Cowboyvergangenheit, sondern ein globaler Konzern, der sich auch im Jahr 2025 noch neu erfinden kann. Ob dieser Kurs nachhaltig trägt, hängt aber weniger von Modezyklen ab – und mehr davon, wie stabil die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren bleiben.
Ein starkes Quartal ist kein Freifahrtschein
So erfreulich die Zahlen auch sind – Levi Strauss bleibt ein Unternehmen im Umbruch. Die Rückkehr auf den Wachstumspfad ist eher eine Momentaufnahme als ein langfristiges Versprechen.
Die Herausforderungen bleiben enorm: Zölle, Handelskonflikte, Lieferengpässe und Währungsrisiken könnten dem Unternehmen jederzeit einen Strich durch die Rechnung machen.
Die Reaktion an der Börse zeigt: Der Markt glaubt an die Fähigkeit des Konzerns, mit den Turbulenzen umzugehen. Ob diese Zuversicht berechtigt ist, wird sich spätestens im nächsten Quartal zeigen. Denn ein starkes Europa allein reicht nicht aus, wenn die globale Textilwelt ins Wanken gerät.
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