22. Juli, 2025

Quartalszahlen

7,19 Dollar Gewinn pro Aktie – doch Netflix fällt an der Börse

Trotz besserer Zahlen, wachsender Werbeeinnahmen und KI-Offensive reagiert der Markt mit Zurückhaltung. Der Streaming-Riese liefert ab – aber nicht genug für die Wall Street.

7,19 Dollar Gewinn pro Aktie – doch Netflix fällt an der Börse
Netflix übertrifft mit 7,19 US-Dollar Gewinn je Aktie die Erwartungen – doch an der Börse fällt der Kurs. Investoren hatten offenbar mit einem noch stärkeren Quartal gerechnet.

Starke Zahlen, schwache Reaktion

Netflix verdient mehr, wächst schneller und hebt die Prognose an – und trotzdem fällt die Aktie. Das mag paradox klingen, ist aber Alltag an der Börse: Wer Erwartungen weckt, darf sie nicht nur treffen – er muss sie übertreffen. Und zwar deutlich.

Im zweiten Quartal 2025 meldet Netflix einen Gewinnsprung von über 45 Prozent – 7,19 US-Dollar pro Aktie, mehr als Analysten erwartet hatten.

Quelle: Eulerpool

Auch beim Umsatz übertraf der Streaming-Gigant mit 11,08 Milliarden Dollar leicht die Schätzungen. Trotzdem verliert das Papier nachbörslich rund zwei Prozent. Anleger hatten offenbar auf einen noch stärkeren Auftritt gesetzt.

Ein Konzern in Bestform

Operativ ist Netflix besser aufgestellt denn je: Die Werbeeinnahmen sollen sich dieses Jahr verdoppeln, das Abo-Modell läuft stabil, und durch einen schwachen Dollar steigen die Auslandserlöse nominal an.

Quelle: Eulerpool

Auch die 2025er-Prognose wurde leicht erhöht: Netflix erwartet nun bis zu 45,2 Milliarden Dollar Jahresumsatz – bislang lag die Obergrenze bei 44,5 Milliarden.

Die Erfolgsserie setzt sich also fort. Serienhits wie Squid Game in der dritten Staffel liefern Klicks, das neue Interface sorgt für mehr Verweildauer, und die Zahl der aktiven Haushalte steigt – auch wenn Netflix seit diesem Jahr keine konkreten Nutzerzahlen mehr nennt. Transparenz sieht anders aus, doch das Unternehmen scheint davon nicht zu leiden.

KI statt Kamera: Netflix wagt den nächsten Schritt

Neben Zahlen gibt es auch inhaltlich Neuigkeiten. Netflix setzt zunehmend auf Künstliche Intelligenz – nicht nur für Empfehlungen, sondern für die Produktion selbst.

Quelle: Eulerpool

In der argentinischen Serie El Eternauta wurde erstmals eine Szene mit KI generiert, inklusive Gebäudeeinsturz in Buenos Aires – laut Co-CEO Ted Sarandos „zehnmal schneller und deutlich günstiger“ produziert als mit konventionellen Effekten.

Was als technologische Spielerei beginnt, könnte sich zum Paradigmenwechsel entwickeln. Wenn generative KI künftig nicht nur Hintergründe ersetzt, sondern Schauspiel, Drehbuch und Kameraarbeit mit beeinflusst, stehen Hollywood und der globale Serienmarkt vor tiefgreifenden Umbrüchen.

Dass Netflix dabei vorne mitmischt, dürfte Wettbewerber wie Disney, Warner oder Paramount unter Druck setzen. Auch, weil viele Studios durch die Streiks 2023/24 in ihren Produktionsplänen zurückgeworfen wurden – nicht zuletzt durch die Sorge vor genau dieser Art von Automatisierung.

Mit einer Marktkapitalisierung von über 540 Milliarden Dollar ist Netflix inzwischen mehr wert als Disney, Comcast und Warner Bros. Discovery zusammen – doch das Bewertungsniveau verlangt makellose Ergebnisse.

Marktwert: Mehr als Disney, Comcast und Warner zusammen

Trotz der Kursdelle ist der Blick aufs große Ganze eindeutig: Netflix gehört zu den absoluten Börsenstars. Die Aktie legte seit Ende 2024 um 43 Prozent zu, das Unternehmen bringt inzwischen über 540 Milliarden Dollar auf die Waage – mehr als Disney (220 Mrd.), Comcast (130) und Warner Bros. Discovery (32) zusammen.

Im Vergleich zur Pandemie-Zeit, als das Papier innerhalb weniger Monate von über 700 auf unter 200 Dollar abstürzte, hat sich Netflix eindrucksvoll zurückgekämpft.

Wer 2002 zum Ausgabepreis eingestiegen ist, darf sich heute Millionär nennen. Aus 1.000 Dollar wurden rund 1,2 Millionen – ein Renditetraum, der im Nasdaq 100 nur von Nvidia übertroffen wird.

Analysten bleiben zuversichtlich – aber zurückhaltend optimistisch

Nach den Quartalszahlen haben viele Analysten ihre Kursziele angepasst. UBS hebt auf 1.495 Dollar an, Jefferies auf 1.500. Beide loben das internationale Wachstum und die konsequente Positionierung im Werbemarkt. Insgesamt empfehlen 42 von 51 befragten Analysten weiterhin den Kauf der Aktie – der Konsens liegt aber nur knapp über dem aktuellen Kursniveau.

Die Börse ist verwöhnt – und Netflix eben auch. Wer über Jahre zweistellige Wachstumsraten und Serienerfolge geliefert hat, muss sich an einem anderen Maßstab messen lassen. Das macht es für das Unternehmen nicht einfacher – aber die Herausforderung ist hausgemacht.

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