15. Juli, 2025

Quartalszahlen

Milliardenloch in der Bilanz – K+S vor tiefrotem Jahresergebnis

Wegen fallender Kalipreise, schwachem Dollar und steigenden Kapitalkosten muss der Kasseler Düngemittelkonzern rund zwei Milliarden Euro abschreiben. Der Jahresverlust scheint programmiert – und wirft Fragen zur Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells auf.

Milliardenloch in der Bilanz – K+S vor tiefrotem Jahresergebnis
K+S muss zur Halbjahresbilanz massive Abschreibungen vornehmen – vor allem wegen gesunkener Kalipreisprognosen, schwachem Dollar und gestiegener Kapitalkosten.

Schlag ins Kontor

Für K+S wird 2025 kein gewöhnliches Geschäftsjahr – sondern eines mit bitterem Nachgeschmack. Der Kasseler Düngemittel- und Salzhersteller muss in der Zwischenbilanz zum 30. Juni eine Wertberichtigung von rund zwei Milliarden Euro vornehmen. Das gab das Unternehmen am Montag überraschend bekannt.

Quelle: Eulerpool

Die Folgen: Ein deutlich negatives Jahresergebnis ist so gut wie sicher. Und auch wenn die Abschreibung bilanzieller Natur ist, also keinen direkten Einfluss auf die Kasse hat – sie kratzt am Vertrauen in die mittelfristige Ertragskraft des Konzerns.

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Die Ursachen: Marktpreise, Dollar, Kapitalkosten

Drei Faktoren haben dem Konzern die Bilanz zerlegt:
Erstens: gesunkene langfristige Kalipreisannahmen – ein klarer Rückschritt nach den extremen Preissteigerungen im Zuge des Ukrainekriegs.

Zweitens: die Abwertung des US-Dollar, die die Auslandserlöse von K+S in Euro schwächt.
Drittens: ein höherer Kapitalkostensatz, der sich rechnerisch negativ auf den Unternehmenswert auswirkt – ein klassischer Effekt steigender Zinsen.

Quelle: Eulerpool

Diese Kombination schlägt auf die sogenannte „Cash-Generating Unit“ des Unternehmens durch – in diesem Fall vor allem die Kaliproduktion. Und genau dort ist K+S seit Jahren besonders verwundbar.

Kein Liquiditätsproblem – aber ein Reputationsproblem

K+S versucht zu beruhigen: Die Abschreibungen betreffen ausschließlich Buchwerte, nicht die Liquidität. Auch die Fähigkeit zur Dividendenausschüttung sieht man im Haus nicht gefährdet – zuletzt zahlte K+S 15 Cent je Aktie.

Aber an der Börse kommen solche Nachrichten selten gut an. Der Kurs gab am Montag um 0,5 % nach – nicht dramatisch, aber symptomatisch. Der Kapitalmarkt bewertet das Unternehmen aktuell mit rund 2,8 Milliarden Euro – also kaum mehr, als nun abgeschrieben werden muss.

Die Abschreibung belastet das Ergebnis deutlich, ändert aber nichts an der Zahlungsfähigkeit – das operative EBITDA-Ziel von bis zu 640 Mio. € steht bislang noch.

Die große Frage: Wie robust ist das Geschäftsmodell wirklich – wenn externe Effekte in einem halben Jahr zu einem rechnerischen Substanzverlust von mehreren Milliarden führen?

Widersprüchliche Signale – noch im Mai klang alles anders

Erstaunlich ist vor allem das Timing. Noch im Mai hatte K+S die Jahresprognose erhöht – wegen stabiler Düngemittelpreise. Damals war von einem EBITDA zwischen 560 und 640 Millionen Euro die Rede. Nun steht der Markt vor einer ganz anderen Realität.

Zur aktuellen Prognose äußerte sich das Unternehmen nicht – ein bemerkenswertes Schweigen angesichts der Größenordnung der Abschreibungen. Das Halbjahresergebnis, das am 12. August erscheinen soll, dürfte mehr Klarheit bringen – oder neue Fragen aufwerfen.

US-Markt bleibt intakt – aber reicht das?

Positiv immerhin: Die US-Zollpolitik trifft K+S bislang nicht. Kaliumchlorid und Kaliumsulfat sind dort weiterhin zollfrei – weil die USA auf Importe angewiesen sind. Das sichert dem Konzern einen wichtigen Absatzmarkt.

Quelle: Eulerpool

Doch das strukturelle Risiko bleibt: Der Kalimarkt ist volatil, die Margen schwanken, geopolitische Entwicklungen wirken unmittelbar. K+S muss sich der Frage stellen, wie krisenresistent und strategisch belastbar das eigene Modell tatsächlich ist.

Wertberichtigung mit Ansage?

Für Analysten und Investoren ist die Milliardenabschreibung mehr als nur eine einmalige Bereinigung. Sie ist ein Fingerzeig auf eine Branche, die unter der Oberfläche fragiler ist, als viele glauben.

K+S hatte in den vergangenen Jahren mehrfach mit Gegenwind zu kämpfen – von Umweltauflagen über Absatzprobleme bis hin zu geopolitischen Spannungen. Dass nun erneut der Buchwert korrigiert werden muss, wirkt wie ein Déjà-vu. Und es stellt sich die Frage, ob das Unternehmen strukturell zu stark von Faktoren abhängig ist, die es selbst kaum beeinflussen kann.

Bittere Pille zum Halbjahr

Der Ausblick bleibt ungewiss. K+S steht vor einem Jahresabschluss, der – zumindest bilanziell – tiefrot ausfallen wird. Der Kapitalmarkt dürfte die kommenden Wochen nutzen, um sich ein neues Bild zu machen: von einem Konzern, der bilanziell gesund erscheint, aber mit einem operativen Umfeld kämpft, das immer weniger planbar ist.

Ob die Kursfantasie zurückkehrt, hängt nicht nur von Kalipreisen oder Dollarentwicklungen ab – sondern davon, ob K+S glaubhaft erklären kann, wie man sich in diesem Umfeld strategisch besser aufstellt. Die August-Zahlen werden zur Nagelprobe.

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