Bei den in Deutschland neu zugelassenen Autos klafft eine wachsende Diskrepanz zwischen den Herstellerangaben zum CO2-Ausstoß und den realen Emissionen. Eine aktuelle Untersuchung des Umweltforschungsverbundes International Council on Clean Transportation (ICCT) stellt fest: Der reale CO2-Ausstoß lag im Jahr 2022 um durchschnittlich 14,1 Prozent über den Angaben der Automobilhersteller. Noch im Jahr 2018 betrug die gemessene Differenz lediglich 7,7 Prozent.
Der festgestellte Anstieg der Diskrepanz folgt auf eine anfängliche Verbesserung nach der Einführung des WLTP-Prüfverfahrens in der EU im Jahr 2017, welches den veralteten NEFZ ersetzte. Die Einführung führte zunächst zu einer drastischen Reduktion der Abweichung von über 30 Prozent auf unter 8 Prozent. Seitdem hat sich der Abstand jedoch wieder spürbar vergrößert.
Die ICCT-Forscher kritisieren, dass manche Automobilhersteller das neue Prüfverfahren manipulieren könnten, indem sie beispielsweise auf Testfahrzeugen effizientere Reifen montieren, die im Alltagsgebrauch nicht typisch sind. Dies führt zu unrealistischen Verbrauchs- und Emissionswerten. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) verwahrt sich gegen diese Vorwürfe und betont die Gesetzestreue der deutschen Autoindustrie.
Ausgewertet wurden für die Studie offizielle Emissionsdaten der europäischen Umweltagentur EEA und reale Verbrauchsdaten von über 160.000 Fahrzeugen, die von der Plattform spritmonitor.de bezogen wurden. Der Fokus lag hierbei auf Verbrennungsmotoren und konventionellen Hybriden, da Plug-in-Hybridfahrzeuge bereits zuvor analysiert wurden.
Der ICCT warnt, ohne gegensteuernde Maßnahmen verlören die offiziellen CO2-Angaben zunehmend an Bedeutung für die tatsächlichen Emissionen, was das Erreichen der EU-Minderungsziele gefährde. Zudem müssten sich Autofahrer auf höhere Kraftstoffkosten einstellen als erwartet. Als mögliche Lösung werden die ab 2021 für Neufahrzeuge vorgeschriebenen Verbrauchsmessgeräte vorgeschlagen, um die offiziellen Emissionswerte korrekt zu adjustieren und so die Minderungsziele in Einklang mit den Regulationsvorgaben zu bringen.
Der ICCT ruft damit in Erinnerung, dass die zuverlässige Erfassung von CO2-Emissionen nicht nur eine Frage der Transparenz, sondern auch ein wesentlicher Beitrag zum umweltbewussten Fortschritt der Automobilindustrie ist.