Die Europäische Kommission hat ein umfassendes Strategiepapier veröffentlicht, das die Mitgliedstaaten der Europäischen Union dazu ermutigen soll, ihre strategischen Vorräte signifikant auszubauen. Dabei liegt der Fokus nicht länger ausschließlich auf der Bevorratung von Lebensmitteln und medizinischen Gütern, sondern erstreckt sich auch auf essenzielle Rohstoffe wie seltene Erden, sowie auf Ersatzteile für kritische Infrastrukturen und sogar auf Nuklearbrennstoff. Diese weitreichende Initiative ist eine Antwort auf die zunehmende Komplexität und Unsicherheit des geopolitischen Umfelds, das gegenwärtig von Spannungen, Cyberangriffen und den Folgen des Klimawandels geprägt ist.
Die Dringlichkeit dieser strategischen Neuausrichtung wird durch die Lehren aus der COVID-19-Pandemie und dem anhaltenden Konflikt in der Ukraine verdeutlicht. Beide Krisen haben die Verwundbarkeit globaler Lieferketten offengelegt und gezeigt, wie schnell es zu gravierenden Engpässen bei kritischen Gütern kommen kann. Die neue strategische Ausrichtung der Kommission betont daher die Notwendigkeit eines proaktiven Handelns und fordert ein Umdenken weg von reaktiven Maßnahmen hin zu einem vorausschauenden Ansatz.
Das ambitionierte Lagerhaltungsprogramm umfasst eine Vielzahl sorgfältig spezifizierter Güter. Neben entscheidenden Materialien für die Technologieproduktion wie Spezialmagneten, sollen auch Reparatursets für Energie- und Telekommunikationsinfrastrukturen als Teil der Vorräte betrachtet werden, um deren Verwundbarkeit gegenüber potenziellen Angriffen zu reduzieren. Darüber hinaus wird die Einbeziehung von Ersatzteilen für Transportinfrastrukturen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen empfohlen, da diese Bereiche als besonders anfällig gelten und eine Schlüsselrolle in der Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stabilität spielen.
Die Initiative sieht ferner die aktive Einbindung der Industrie vor, indem Unternehmen dazu angehalten werden, Produktionskapazitäten bereitzuhalten und Lagerkapazitäten zu schaffen, um im Bedarfsfall schnell reagieren zu können. Die Kommission zieht erfolgreiche nationale Modelle, bei denen Steueranreize eingesetzt werden, als mögliche Vorbilder in Betracht, um die Privatwirtschaft zur Mitwirkung zu bewegen und die Resilienz der EU insgesamt zu stärken.
Zur Finanzierung dieses weitreichenden Programms plant die Europäische Kommission, Mittel aus dem kommenden mehrjährigen EU-Haushalt ab dem Jahr 2026 zu verwenden. Trotz der hohen Anfangsinvestitionen hofft die Kommission, dass sich diese durch langfristig geringere Wiederaufbaukosten und eine stabilere Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten als effektiv erweisen werden. Insgesamt stellt die Strategie einen bedeutenden Schritt hin zu einer belastbareren und besser vorbereiteten Europäischen Union dar.