15. Mai, 2025

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Zahlt die größte Volkswirtschaft bald nicht mehr?

US-Finanzminister warnt vor Zahlungsunfähigkeit im August – Mitten in der Kongresspause droht Washington der finanzielle Stillstand. Die InvestmentWeek analysiert die Folgen für Märkte, Wirtschaft und globale Stabilität.

Zahlt die größte Volkswirtschaft bald nicht mehr?
Schuldenobergrenze erreicht: Mit über 36 Billionen US-Dollar Staatsverschuldung warnen Ökonomen vor massiven Marktturbulenzen – die USA geben täglich rund 2 Milliarden $ allein für Zinszahlungen aus.

Ein warnender Brief – zur Unzeit

Wenn der US-Finanzminister persönlich Alarm schlägt, hören die Finanzmärkte genau hin. Scott Bessent, erst seit wenigen Monaten im Amt, meldet sich jetzt mit einer Mahnung, die es in sich hat: Die Vereinigten Staaten könnten im August zahlungsunfähig werden.

Kein Modellrisiko, keine theoretische Annahme – sondern ein realer Zahlungsausfall, wenn der Kongress nicht rechtzeitig handelt.

Das Problem ist bekannt, aber drängender als sonst: Die Sommerpause des US-Parlaments beginnt Mitte Juli. Und ohne Anhebung oder Aussetzung der Schuldenobergrenze droht der Regierung bereits im August das Geld auszugehen – mitten in einem politisch aufgeladenen Jahr.

Schuldenstreit als Ritual

In Washington ist das Ringen um die Schuldenobergrenze fast schon Tradition. Doch mit jedem Durchgang wird das Spiel riskanter. Die USA haben aktuell rund 36 Billionen US-Dollar Schulden – fast das Dreifache ihrer Wirtschaftsleistung.

Zwar sind Zinszahlungen bislang tragbar, aber das Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit leidet spürbar.

Schon 2011 hatte ein ähnlich später Kompromiss zur Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch Standard & Poor’s geführt. Damals rutschten die Börsen innerhalb weniger Tage tief ins Minus, das Vertrauen in US-Staatsanleihen erlitt Risse – und das inmitten einer Eurokrise.

Politik in der Sackgasse: Finanzminister Scott Bessent warnt vor einem Zahlungsausfall im August – doch der US-Kongress droht wegen parteipolitischer Blockaden erneut in letzter Minute zu reagieren.

Märkte hören zu – und warten nicht ewig

Obwohl die Finanzmärkte bislang vergleichsweise gelassen reagieren, täuscht das über die Nervosität vieler Investoren hinweg. Treasury Bills mit Fälligkeit im Spätsommer verzeichnen bereits jetzt steigende Renditen – ein Zeichen wachsender Vorsicht.

Fondsmanager, Notenbanker und Analysten erinnern sich an 2011 – und wissen, wie schnell aus politischer Rhetorik reale Verwerfungen werden können.

Der Unterschied heute: Die globale Lage ist fragiler. Die Inflation ist noch nicht besiegt, die Zinsen historisch hoch, die geopolitische Unsicherheit durch Ukrainekrieg, China-Spannungen und Nahost-Krise allgegenwärtig. Ein Zahlungsausfall der USA wäre kein isoliertes Ereignis – sondern ein globaler Schock.

Ein Kongress in Geiselhaft

Das größte Risiko ist nicht die wirtschaftliche Lage – sondern der politische Zustand. Im Repräsentantenhaus herrscht eine fragile Mehrheit der Republikaner, der innere Streit ist groß. Und spätestens seit dem Amtsantritt von Donald Trump als Präsident ist das Thema „Staatsverschuldung“ hoch emotionalisiert.


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Viele Hardliner in der Partei wollen Einsparungen im Sozialbereich erzwingen – und nutzen die Schuldenobergrenze als Druckmittel. Der demokratische Präsident Joe Biden wiederum will ein sauberes Gesetz ohne Zugeständnisse. Die Konstellation ist toxisch: Beide Seiten sehen sich im Recht – und keine will die erste sein, die nachgibt.

Bessents Warnung: Mehr als nur ein Verwaltungsakt

Dass Finanzminister Bessent nun mit Nachdruck interveniert, ist kein Zufall. Er weiß: Wenn sich das Drama bis Juli zuspitzt, könnte selbst ein später Kompromiss zu spät kommen. Die US-Verwaltung braucht Zeit, um neue Schulden aufzunehmen, Rechnungen zu begleichen und Märkte zu beruhigen.

In seinem Brief warnt Bessent davor, dass ein Zahlungsstopp „weitreichende wirtschaftliche Folgen“ haben würde. Die Verbraucher könnten das Vertrauen in die Regierung verlieren, Unternehmen Investitionen zurückfahren, Finanzmärkte abstürzen. Kurz: Ein Zahlungsausfall wäre kein Haushaltsproblem – sondern eine systemische Krise.

Was bedeutet das für Europa?

Auch die Europäische Union wäre betroffen – wirtschaftlich und politisch. Die USA sind größter Einzelmarkt für viele Exportnationen, ihre Anleihen sind das Rückgrat zahlreicher Pensionsfonds, Versicherungen und Zentralbanken. Ein Zahlungsausfall würde den Dollar erschüttern – und damit die Stabilität globaler Handelsbeziehungen.

Außerdem gilt die amerikanische Handlungsfähigkeit als Garant in der geopolitischen Ordnung. Wenn Washington sich selbst blockiert, wächst das Machtvakuum – und das Vertrauen in westliche Führung sinkt. Davon profitieren vor allem Akteure wie China oder Russland.