05. Juli, 2025

Unternehmen

Xiaomi überrollt – E-Auto-Offensive gerät ins Schleudern

Chinas Tech-Riese Xiaomi wollte mit dem Markteintritt in die Elektromobilität alles richtig machen – doch die Realität holt ihn ein. Zehntausende warten auf ihre Autos, die Expansion ins Ausland ist abgeblasen. Die Aktie stürzt ab. Und der Konzern steht vor einem Glaubwürdigkeitsproblem.

Xiaomi überrollt – E-Auto-Offensive gerät ins Schleudern
Warteliste statt Auslieferung: Kunden müssen bis zu 60 Wochen auf ihre Xiaomi-E-Autos warten – und erhalten trotz Verzögerung keine Rückzahlung ihrer Anzahlung.

Der Kurs knickt ein – nicht trotz, sondern wegen der Nachfrage

Am 3. Juli notierte Xiaomis Aktie in Hongkong bei 58,10 HKD – ein Minus von fast vier Prozent. Am Tag darauf ging es weiter bergab. Inzwischen spricht der Markt von einer Korrektur, die nicht durch mangelnde Nachfrage ausgelöst wurde, sondern durch zu viel davon.

Der Verkaufsstart der Elektroautos SU7 und YU7 war ein voller Erfolg – und genau das wird jetzt zum Problem.

Quelle: Eulerpool

Wartezeiten wie beim Trabant – und kein Geld zurück

Rund 60 Wochen müssen Käufer auf ihr neues Xiaomi-E-Auto warten. Für viele bedeutet das: Bestellung im Sommer 2025, Auslieferung erst Anfang 2027. Die Fahrzeuge sind längst angezahlt – doch eine Rückerstattung bei Verzug? Gibt es nicht. Das sorgt für Ärger bei Kunden, Kritik bei Analysten und wachsendes Misstrauen am Kapitalmarkt.

Der Vorwurf: Xiaomi bindet mit hohen Anzahlungen Liquidität, ohne liefern zu können.

„Wer die Nachfrage nicht bedienen kann, verliert Kunden – und Vertrauen“, warnt ein Händler in Shenzhen.

Und Vertrauen ist an der Börse schwerer zu gewinnen als Marktanteile.

Export? Erstmal nicht. Xiaomi zieht die Notbremse

Besonders bitter: Die internationale Expansion ist vorerst vom Tisch. Ursprünglich sollte der SU7 bereits 2026 nach Europa kommen – jetzt wurde das Vorhaben auf frühestens 2027 verschoben.

Der Grund: Die Produktion in China läuft auf Anschlag. „Wir konzentrieren uns voll auf den Heimatmarkt“, erklärte CEO Lei Jun Anfang Juli in einem Livestream.

Für Investoren ist das ein Rückschlag. Die Erwartung: Xiaomi als globaler Herausforderer für BYD und Tesla. Die Realität: Ein Konzern, der seine Fabriken überbucht hat und bei der Skalierung strauchelt.

Kapazitätsausbau – ein Versprechen ohne Termin

Xiaomi kündigte zwar einen schrittweisen Ausbau der Fertigungskapazitäten an – doch konkrete Angaben zum Zeitplan fehlen. Bis dahin bleibt die Unsicherheit. Analysten sind skeptisch: „Solange nicht klar ist, wie Xiaomi das Produktionsproblem lösen will, bleibt die Aktie unter Druck“, heißt es bei CLSA.

Das Versprechen der Marke – Innovation, Effizienz, Zuverlässigkeit – steht in einem seltsamen Kontrast zur Realität des Produktionsstaus. Ein Techkonzern, der wie ein überfordertes Start-up agiert, ist für den Kapitalmarkt kein beruhigendes Bild.

Ein Lehrstück in industrieller Komplexität

Xiaomi ist nicht der erste Technologiekonzern, der die Automobilproduktion unterschätzt hat. Apple hat sich längst aus ähnlichen Ambitionen zurückgezogen. Auch Sony tastet sich nur vorsichtig vor. Autos bauen ist eben nicht gleich App entwickeln.

Trotzdem zeigt der Erfolg der Modelle SU7 und YU7, dass Xiaomi den Nerv des chinesischen Marktes getroffen hat. Preis, Design, Technik – vieles stimmt. Nur das Tempo der Umsetzung passt nicht zur Größenordnung des Anspruchs. Wer Autos verkaufen will wie Tesla, muss auch liefern können wie Tesla.

Wie es weitergeht – eine Frage der Glaubwürdigkeit

Der Fall Xiaomi ist ein Paradebeispiel dafür, wie schnell Wachstumserwartungen kippen können, wenn die operative Basis fehlt. Dass die Aktie jetzt unter die Räder kommt, ist eine logische Reaktion auf strategische Unklarheit, enttäuschte Expansionsträume und mangelhafte Transparenz.

Was bleibt, ist ein Unternehmen, das beweisen muss, dass es die Kurve kriegt – in der Fertigung, in der Kommunikation und beim Umgang mit Kunden. Die Nachfrage ist da. Die Skepsis auch.

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