Die Rückkehr des Risikos
Wer Anfang April in Emerging Markets Debt investiert war, musste starke Nerven haben. Die Spreads schossen nach oben, High Yield wurde abgestraft. Doch inzwischen hat sich die Lage – zumindest teilweise – beruhigt.

Die Renditeaufschläge vieler Schwellenländer-Staatsanleihen haben ihre Verluste fast vollständig wieder aufgeholt. Besonders gefragt: Lateinamerika. Besonders gesucht: Anleihen mit Ramsch-Status.
Cathy Hepworth, Head of Emerging Markets Debt bei PGIM Fixed Income, sieht den Grund in einer Kombination aus politischen Lichtblicken, makroökonomischer Stabilisierung und taktischem Optimismus an den Kapitalmärkten. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail.
Ecuador, Pemex, Venezuela – wer profitiert, warum jetzt?
Die Marktstimmung ist kein Zufall. In Ecuador profitiert Präsident Daniel Noboa von seiner Fähigkeit, mit dem Parlament zu kooperieren. Das allein reicht bei Anlegern aus, um Risikoaufschläge deutlich zu senken.

In Mexiko wiederum ist es der staatliche Ölkonzern Pemex, der trotz notorischer Bilanzprobleme auf Rückenwind hoffen darf – denn Mexikos Regierung scheint bereit, erneut finanziell einzuspringen.
Venezuela? Der absolute Outperformer des Monats – ausgerechnet. Dort spekulieren Investoren auf einen politischen Kurswechsel. Noch ist unklar, wie realistisch diese Annahme ist. Doch für Anleihen, die bis vor Kurzem kaum handelbar waren, reicht oft schon ein Hoffnungsschimmer, um Kurse steigen zu lassen.
CCC ist zurück – aber wie lange noch?
Besonders auffällig ist laut PGIM die Spread-Verengung zwischen Bonitätsklassen, vor allem bei Titeln mit Rating B und darunter. Anleihen im CCC-Bereich, also tief im spekulativen Bereich, haben sich in den letzten Wochen deutlich verteuert.
„Ein Großteil dieser Bewegung ist idiosynkratisch getrieben“, warnt Hepworth – und damit auch anfällig für Rückschläge.
Sie rät daher zur Vorsicht bei weiteren Engagements. PGIM baut das Risiko nicht weiter aus, sondern nutzt die Gelegenheit, um gut gelaufene CCC-Positionen eher zu reduzieren.
Der US-Dollar schwächelt – und hilft dabei unfreiwillig mit
Ein weiterer Faktor ist die Entwicklung des Greenbacks. Nach der Herabstufung der USA durch Moody’s verlor der Dollar kurzfristig an Wert, was Emerging-Market-Währungen (EMFX) stützte.
Zwar hat sich der Dollar inzwischen etwas erholt – aber PGIM geht davon aus, dass die strukturellen Belastungen bleiben. Die schwächere US-Währung verbessert tendenziell die Rahmenbedingungen für Schwellenländeranleihen, insbesondere bei Lokalwährungsanleihen.
Brasilien unter Druck
In Brasilien hingegen zeigt sich ein anderes Bild: Der Markt hinkt hinterher. Die lokalen Zinsen sind zwar stabil geblieben, doch die Performance war enttäuschend.
Im Swaps-Markt steilt sich die Kurve – ein Zeichen wachsender Unsicherheit über den geldpolitischen Kurs.
China, Inflation und Unternehmensanleihen
Auch bei Unternehmensanleihen aus Schwellenländern hat sich die Lage zuletzt deutlich aufgehellt. Zwei Drittel der Spread-Ausweitung seit Anfang April sind inzwischen wieder eingepreist.
Unterstützt wurde diese Erholung durch freundliche Inflationsdaten und die teilweise Rücknahme chinesischer Importzölle. Besonders niedrig bewertete und konjunktursensitive Branchen profitierten überproportional.
Eine Rally auf Zeit?
PGIM bleibt zurückhaltend. Trotz verbesserter Marktstimmung und idiosynkratischer Chancen sei es noch zu früh für eine flächendeckende Risikoaufnahme. „Wir suchen nach fast schon einmaligen Gelegenheiten“, sagt Hepworth – aber mit kühlem Blick auf das Gesamtrisiko.
Für Anleger bedeutet das: Die Erholung am Markt für Schwellenländeranleihen ist real – aber nicht unbedingt nachhaltig. Wer mitspielen will, muss differenzieren, Risiken realistisch einschätzen und Gewinne auch mal mitnehmen.
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