05. Mai, 2025

Unternehmen

Tesla am Kipppunkt – Warum Investor Ross Gerber endgültig aussteigt

Im Gespräch mit der InvestmentWeek rechnet Star-Investor Ross Gerber mit Tesla ab. Warum er große Zweifel an Musks Robotaxi-Strategie hat, weshalb er seine Aktien verkauft – und was er tun würde, wenn er selbst CEO wäre.

Tesla am Kipppunkt – Warum Investor Ross Gerber endgültig aussteigt
Nach eigenen Angaben hat der Investor seine Beteiligung erneut gekürzt. Ende 2024 hielt Gerber Kawasaki noch Tesla-Aktien im Wert von 106 Mio. USD.

Ross Gerber war lange einer der sichtbarsten Fürsprecher von Tesla. Jetzt trennt sich der Investor weiter von seinen Anteilen – und macht im Gespräch mit der InvestmentWeek deutlich, wie sehr ihn das Unternehmen enttäuscht hat.

„Ich sehe einen strukturellen Rückgang“

Gerber empfängt uns in seinem Büro in Santa Monica. Die Tesla-Aktie flackert auf dem Bildschirm hinter ihm – sie steht bei knapp 280 US-Dollar. „Klar, kurzfristig sieht das nach Erholung aus“, sagt er, „aber das täuscht.“ Der langjährige Tesla-Aktionär hat jüngst erneut Anteile abgestoßen.

Warum? „Ich sehe keinen Wachstumsimpuls. Der Umsatz im Automobilbereich ist um 20 % gefallen, der Gewinn um 71 % eingebrochen. Das ist nicht nur ein schwaches Quartal – das ist ein struktureller Rückgang.“

Was ihn besonders beunruhigt: „In der Bilanzkonferenz hat niemand Verantwortung übernommen. Kein Wort zur Nachfragekrise, keine Erklärung zur rückläufigen Marge. Stattdessen nur Ausflüchte – und Elon, der über Politik und künstliche Intelligenz spricht.“

„Sie glauben an ein Märchen – das macht mir Angst“

Wirklich beunruhigt habe ihn ein Moment während des Earnings Calls. „Ich habe einfach nur auf eine Frage zum Robotaxi gewartet – und als sie kam, redete Elon zehn Minuten wirres Zeug.

Elon Musk kündigte „Millionen autonom fahrender Teslas“ für 2026 an – Gerber nennt das „wahnhaft“ und verweist auf massive Zweifel an Technik und Zeitplan.

Kein Zeitplan, keine Technologie, keine Strategie – nur Behauptungen.“ Gerber schüttelt den Kopf. „Wenn das die Antwort ist, dann stimmt da was Grundlegendes nicht.“

Musk hatte angekündigt, dass schon 2026 „Millionen“ autonom fahrende Teslas unterwegs sein sollen. Die Fahrzeuge sollen ohne Lidar- oder Radarsensoren auskommen – nur mit Kameras.

Für Gerber ist das ein Irrweg. „Wer behauptet, eine Kamera sei wie ein menschliches Auge, hat keine Ahnung von Biologie oder Technik. Mein Tesla erkennt in L.A. oft nicht einmal Fußgänger richtig. Waymo-Fahrzeuge machen das besser. Viel besser.“

„Elon Musk ist das größte Risiko für Tesla geworden“

Gerber, der Tesla schon 2015 ins Portfolio von Gerber Kawasaki Wealth and Investment Management aufgenommen hatte, glaubt: Das größte Problem ist Elon Musk selbst. „Er war ein Jahrhundertunternehmer. Aber mittlerweile ist er ein Risiko – für das operative Geschäft und das Markenimage.“

Laut einer Umfrage von Silver Bulletin, die Gerber zitiert, ist Musk bei mehr als 50 % der US-Bevölkerung unbeliebt. „Das hat direkte wirtschaftliche Folgen. Menschen kaufen keine Autos von jemandem, den sie ablehnen.“

Die Hoffnung vieler Anleger, dass Musk sich nach seinem angekündigten Rückzug aus politischen Ämtern wieder voll Tesla widmet, hält Gerber für trügerisch. „Ich glaube nicht, dass er zurückkommt. Wenn er Zeit hat, wird er sie in xAI oder SpaceX investieren. Tesla steht auf seiner Liste derzeit nicht oben.“

„Wenn ich CEO wäre, würde ich sofort umstrukturieren“

Gerber spricht offen über Alternativen. „Wenn ich CEO wäre, würde ich sofort zurück zum Kern: Hochwertige E-Autos bauen, die Kunden lieben. Keine Luftschlösser mehr. Kein Ride-Hailing, kein Social-Media-Krieg, keine Roboter-Taxis, solange wir noch nicht mal ein Modell Y ordentlich skalieren können.“

Er fordert von Tesla eine neue operative Führung – und von Musk einen Rückzug ins Strategische. „Elon soll Vorsitzender bleiben. Visionär, okay. Aber nicht mehr CEO. Das braucht jetzt jemand mit klarem Fokus auf das Tagesgeschäft.“

„Ich habe wieder verkauft – bei 280 Dollar“

In der Woche nach dem Earnings Call stieg die Tesla-Aktie um rund 17 %. Gerber nutzte das Momentum, um erneut Positionen zu reduzieren. „Ich habe bei etwa 280 Dollar verkauft“, bestätigt er.

Wie viele Anteile er abgab, verrät er nicht. Aber: „Seit zwei Jahren verringern wir quartalsweise unseren Bestand um rund fünf Prozent.“ Ende 2024 hielt seine Firma Tesla-Aktien im Wert von 106 Millionen US-Dollar. Die neue Position werde im Mai über die SEC-Daten öffentlich – Gerber sagt: „Es wird weniger sein.“

„Ich werde Tesla nicht fallenlassen – aber nicht mehr blind unterstützen“

Zum Schluss bleibt er differenziert. „Ich liebe, was Tesla für die Welt bedeutet hat. Aber ich kann das Unternehmen nicht mehr uneingeschränkt unterstützen.“ Er glaubt weiter an Elektromobilität – aber nicht mehr an Teslas Führung. „Die Marke ist beschädigt. Und wenn man eine Marke verliert, ist sie fast nicht mehr zurückzuholen.“

Gerbers Fazit: „Wenn Tesla sich nicht radikal verändert, dann war das, was wir erlebt haben, nicht der Anfang einer Revolution. Sondern ihr vorzeitiges Ende.“