Ein Treffen mit Zündstoff
Berlin, Mittwochabend. Beim Spitzentreffen zwischen Union und SPD geht es eigentlich um die Stromsteuer. Doch schon vor dem offiziellen Start macht die Union klar: Ohne Einschnitte bei den Sozialausgaben – insbesondere beim Bürgergeld – bewegt sich gar nichts. Es ist ein kalkulierter Tabubruch. Und ein Signal an die eigene Wählerschaft.
Söder spricht vom „Update“ – meint aber die Abrissbirne
Markus Söder gibt sich staatstragend – doch seine Botschaft ist klar: Das Bürgergeld kostet zu viel.
„Wir haben immer noch zu hohe Kosten beim Bürgergeld“, sagte der CSU-Chef der dpa.
Die „Rekordausgaben“ seien nicht mehr vermittelbar. Seine Lösung: sparen, kürzen, umschichten. Das klingt in CSU-Sprache dann so: „Der Sozialstaat darf nicht geschreddert werden – aber er braucht ein Update.“
Im Klartext: Weniger Geld für Arbeitslose, mehr Luft für Steuerentlastungen. Denn gleichzeitig fordert Söder, den Strompreis zu senken – und zwar nicht nur für die Industrie, sondern auch für Mittelstand und Handwerk. Nur: Dafür braucht es Geld. Und das soll ausgerechnet im sozialen Bereich eingesammelt werden.
Spahn assistiert: 50 Milliarden sind „aus dem Ruder“
Auch CDU-Fraktionschef Jens Spahn bringt sich in Stellung. In einem Interview mit dem Spiegel nennt er drei „Baustellen“, die die Union im Blick habe: Erstens das Bürgergeld.
Mit über 50 Milliarden Euro sei das Ganze „aus dem Ruder gelaufen“. Zweitens die Pflegeversicherung, die durch steigende Sozialabgaben zum Standortproblem werde. Drittens: die Stromkosten. Sein Vorschlag: CO₂-Einnahmen nicht für Einzelprojekte, sondern zur Entlastung der Stromrechnung nutzen.
Nur eine starke #Bundeswehr sichert den Frieden und die Freiheit in Europa. Deshalb müssen wir handeln – und zwar schnell: Das Geld ist da, jetzt geht es um Tempo. Die Bundeswehr muss schnellstmöglich bestellen und beschaffen, was nötig ist. Wir haben das technische Know-How und… pic.twitter.com/2tvE1VAZij
— Markus Söder (@Markus_Soeder) June 29, 2025
„Weniger Subventionen für einzelne, günstigerer Strom für alle“, sagt Spahn. Das klingt eingängig – ist aber eine Kampfansage an viele Förderprogramme der Ampel. Vor allem an das Bürgergeld, das spätestens seit der Einführung umstritten ist.
SPD in der Klemme
Die SPD steht damit zwischen allen Fronten. Einerseits will sie an der sozialen Handschrift ihrer Politik festhalten. Andererseits fehlen ihr die Mittel, um ihre eigenen Entlastungspläne umzusetzen.
Auch die Stromsteuer für Privathaushalte wurde aus Kostengründen bislang nicht gesenkt – obwohl genau das im Koalitionsvertrag steht.
Arbeitsministerin Bärbel Bas sitzt mit am Tisch des Koalitionsausschusses. Ihr Ressort ist direkt betroffen. Ob sie zu einem Kompromiss bereit ist, der Einschnitte beim Bürgergeld bedeutet, ist unklar. Klar ist nur: Die Union wittert die Chance, das Bürgergeld noch einmal grundsätzlich zur Debatte zu stellen – nicht nur kosmetisch, sondern strukturell.
Systemwechsel statt Reform
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann spricht bereits vom „Systemwechsel“ – weg vom Bürgergeld, hin zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Was das konkret bedeutet, bleibt offen. Aber der Begriff allein zeigt, wie weit die Union bereit ist zu gehen. Es geht um mehr als Zahlen – es geht um die Frage, wie viel Umverteilung sich der Staat in Zukunft noch leisten will. Und wie viel Kontrolle er dafür verlangt.
Ampel unter Druck – und selbst zerstritten
Die Ampel hat bei dieser Frage selbst keinen klaren Kurs. Die FDP unterstützt Kürzungspläne seit Monaten – die Grünen halten dagegen. Kanzler Scholz schweigt. Für die Union ist das eine Steilvorlage: Sie inszeniert sich als einzige Kraft mit klarer Kante und Finanzdisziplin.
Dabei ist die Rechnung einfach – aber politisch brisant: Wer an einer Stelle weniger ausgibt, kann an anderer Stelle investieren. Oder entlasten. Die Frage ist nur, wo gekürzt wird – und wer das am Ende bezahlt.
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