Die Zeitenwende bei Nestlé
Nestlé galt lange als unangefochtener König, dessen Produkte von Kitkat bis Nescafé in den Regalen der Konsumenten weltweit zu finden sind. Doch die Zeiten ändern sich, und auch Giganten müssen sich den Gezeiten stellen.
Die jüngsten Geschäftszahlen von Nestlé zeichnen das Bild eines Unternehmens, das sich in ungewohnt stürmischen Gewässern befindet. Mit einem Umsatzrückgang von 1,5 Prozent auf 93 Milliarden Franken im abgelaufenen Geschäftsjahr offenbart sich die Tragweite der Herausforderungen, mit denen der Konzern konfrontiert ist.
Preiskampf versus Nachfragerückgang
Trotz durchschnittlicher Preiserhöhungen von 7,5 Prozent, die in Europa sogar den zweistelligen Bereich erreichten, ist es Nestlé nicht gelungen, sein internes Realwachstum, gemessen am Volumen, zu steigern.
Dieses sank konzernweit um 0,3 Prozent, in Europa gar um 2,4 Prozent. Ein deutliches Zeichen dafür, dass selbst Preissteigerungen die zurückgehende Nachfrage nach Markenartikeln nicht kompensieren können.
CEO Schneider am Ruder
CEO Mark Schneider führt diese Entwicklung auf die "beispiellose Inflationswelle" der vergangenen zwei Jahre zurück, die das Konsumverhalten spürbar beeinflusst hat.

Doch mit einer operativen Marge von 15,6 Prozent, die noch deutlich unter dem Zielkorridor von 17,5 bis 18,5 Prozent für 2025 liegt, bleibt Skepsis.
Investoren zeigen sich enttäuscht
Die Investoren zeigen sich von den jüngsten Entwicklungen und dem vorsichtigen Ausblick für 2024, der ein Umsatzwachstum von lediglich vier Prozent vorsieht, enttäuscht. Die Reaktion des Marktes ließ nicht auf sich warten: Die Aktie fiel zeitweise um fast fünf Prozent. Analysten wie Jean-Philippe Bertschy von Vontobel fassen das Jahr für Nestlé treffend zusammen:
„Ein Jahr zum Vergessen.“
Interne Hürden und externe Stolpersteine
Doch die Probleme von Nestlé beschränken sich nicht nur auf konjunkturelle Herausforderungen. Interne Schwierigkeiten, insbesondere in der Gesundheitssparte Nestlé Health Science, sowie IT-Probleme, die die Verkäufe belasten, werfen Fragen hinsichtlich der internen Kontrollen und Kommunikationsstrategien auf.
Zusätzlich drohen regulatorische Probleme im umstrittenen Tafelwasser-Geschäft, die Glaubwürdigkeit des Unternehmens weiter zu untergraben.
Preisanstiege unvermeidlich
In Deutschland, einem der Kernmärkte von Nestlé, zeichnet sich eine ähnlich komplexe Situation ab. Trotz leicht gestiegener Umsätze stehen Preiserhöhungen aufgrund gestiegener Weltmarktpreise für Rohstoffe wie Kaffee und Kakao bevor.
Alexander von Maillot, Chef von Nestlé Deutschland, deutet an, dass weitere Preisanpassungen unausweichlich sind, während das Unternehmen gleichzeitig versucht, interne Kosten zu senken.
Die Herausforderungen für Nestlé sind vielfältig und komplex. Der Konzern steht an einem Scheideweg, an dem entscheidende strategische Weichenstellungen erforderlich sind, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen und das Unternehmen auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen.