12. Oktober, 2024

Politik

Merz fordert härtere Strafen für Jugendliche – Ampel reagiert ablehnend

CDU-Chef Friedrich Merz will jugendliche Straftäter schärfer bestrafen und das Erwachsenenstrafrecht früher anwenden. Die Ampel-Koalition ist dagegen, während die AfD von "heuchlerischen Forderungen" spricht.

Merz fordert härtere Strafen für Jugendliche – Ampel reagiert ablehnend
Der CDU-Chef will, dass junge Erwachsene häufiger nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Kritiker werfen ihm vor, die Rechtslage zu vereinfachen, ohne konkrete Lösungen zu bieten.

Friedrich Merz hat genug. „Es kann nicht sein, dass wir über das Wahlrecht mit 16 reden, aber bei Straftätern zwischen 18 und 21 fast immer das Jugendstrafrecht anwenden“, erklärte der CDU-Chef in einem Interview mit der Bild am Sonntag. Klare Worte, die für mächtig Wirbel sorgen – sowohl innerhalb seiner eigenen Partei als auch bei der politischen Konkurrenz.

Harte Strafen statt Jugendbonus

Merz’ Forderung ist eindeutig: Jugendliche Straftäter sollen härter bestraft werden. Konkret will er, dass junge Erwachsene nicht mehr von der Milde des Jugendstrafrechts profitieren, sondern häufiger nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Vor allem bei schweren Verbrechen soll der „Jugendbonus“ abgeschafft werden.

Dabei sind die aktuellen Regelungen gar nicht so simpel, wie Merz es darstellt. In Deutschland gilt die Strafmündigkeit ab 14 Jahren, zwischen 18 und 21 kann ein Gericht jedoch je nach Reife des Täters entscheiden, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht angewendet wird. Genau hier will Merz ansetzen – doch auf konkrete Vorschläge bleibt er bislang vage.

Während die Union härtere Strafen für Jugendliche fordert, erinnert die AfD daran, dass die CDU ähnliche Vorstöße der AfD im Sommer ablehnte – ein taktisches Manöver, um Wähler zu gewinnen?

Ampel auf Distanz – SPD sieht Populismus

Während die CDU dem Vorstoß überwiegend positiv gegenübersteht, kommt aus der Ampel-Koalition scharfer Gegenwind. „Das ist der nächste populistische Testballon von Friedrich Merz“, sagte Dirk Wiese, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD. Er hält Merz’ Vorstoß nicht nur für übertrieben, sondern für kontraproduktiv:

„Das Jugendstrafrecht zielt darauf ab, Jugendliche wieder auf den richtigen Weg zu bringen, nicht bloß zu bestrafen.“

Die Freien Demokraten stimmen zu. Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP, erklärte, das Jugendstrafrecht habe sich bewährt. Es setze bewusst auf erzieherische Maßnahmen statt auf reine Bestrafung. Helling-Plahr betont: „Das ist erfolgversprechender als bloße Strafverschärfungen.“


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AfD wettert gegen Merz – „unglaubwürdig“

Interessanterweise kommt auch von rechts Kritik an Merz. Die AfD, die sich selbst seit Langem für eine Verschärfung des Jugendstrafrechts starkmacht, wirft dem CDU-Chef Heuchelei vor.

Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, bezeichnet Merz' Vorschlag als „halbgar und unglaubwürdig“. Sie erinnert daran, dass ein AfD-Gesetzentwurf zur Senkung des Strafmündigkeitsalters auf zwölf Jahre von der Union im Sommer abgelehnt wurde. Jetzt schlage Merz in die gleiche Kerbe, um Stimmen zu gewinnen.

Kritiker aus SPD und FDP fordern statt härterer Strafen mehr Investitionen in Präventionsprojekte und Jugendhilfe. Sie betonen, dass es an Ressourcen fehle, um Jugendliche frühzeitig von der Kriminalität abzubringen.

Reul unterstützt Merz – Debatte um die Strafmündigkeit

Unterstützung bekommt Merz jedoch aus den eigenen Reihen. Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, plädiert seit Langem dafür, die Strafmündigkeit zu überdenken.

Besonders nach schweren Jugendverbrechen, wie dem Mord an einer Zwölfjährigen in Freudenberg, ist die Debatte neu entbrannt. „Die Kinder von heute sind früher erwachsen. Wer mit einem Messer andere Menschen angreift, muss zur Verantwortung gezogen werden“, so Reul.

Prävention statt Strafe?

Doch nicht alle glauben, dass härtere Strafen das Problem lösen. SPD-Politiker Dirk Wiese sieht die Ursache der steigenden Jugendkriminalität eher in mangelnder Prävention: „Wir brauchen mehr Jugendhilfe, mehr Personal in der Justiz und in Präventionsprojekten.

Das sind die Hebel, die verhindern, dass Jugendliche auf die schiefe Bahn geraten.“ Besonders in CDU-regierten Ländern, so Wiese, gebe es hier noch erheblichen Nachholbedarf.