Ein Platz für Bas – aber nicht für Esken
Die SPD hat geliefert – aber nicht für alle. Während Parteichef Lars Klingbeil selbst als Finanzminister und Vizekanzler ins Zentrum der neuen schwarz-roten Bundesregierung rückt, geht seine Co-Vorsitzende Saskia Esken leer aus.
Kein Ministerium, kein Staatssekretärsposten. Es ist ein klarer Schnitt – und ein deutliches Signal.
Der einstige Doppelvorsitz ist Geschichte. Die SPD setzt auf eine neue Führungslinie – und auf Gesichter, die nicht mehr für den linken Parteiflügel, sondern für ein modernes, regierungsfähiges Sozialprofil stehen sollen.
Sechs Ministerinnen – und ein neues Selbstverständnis
Insgesamt sechs Frauen besetzen die neun Ministerposten der SPD. Das ist mehr als Parität. Das ist Absicht. Und es ist ein Bruch mit alten Zeiten, in denen Frauen in der SPD-Spitze oft Beiwerk waren – nicht Kern.
Bärbel Bas, bislang Bundestagspräsidentin, wird Arbeitsministerin. Verena Hubertz, zuletzt Vizefraktionschefin, übernimmt das Bauministerium.
Stefanie Hubig, Juristin und bisherige Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz, zieht ins Justizministerium ein. Reem Alabali-Radovan, bislang Integrationsbeauftragte, wird Entwicklungsministerin.

Sie alle stehen für eine SPD, die weiblicher, jünger und diverser auftreten will – und die sich damit bewusst von der alten SPD-Garde absetzt.
Schneider geht aufs Ganze – als Umweltminister
Carsten Schneider, bisher Ostbeauftragter, wechselt ins Umweltressort. Der Erfurter kennt politische Kompromisse und das Ringen mit Strukturwandel aus erster Hand.
Als Umweltminister wird er nun einen der konfliktträchtigsten Posten übernehmen – zwischen Klimaschutz, Industrieinteressen und ländlichem Raum.
Elisabeth Kaiser übernimmt seinen bisherigen Posten als Ostbeauftragte – allerdings künftig im Finanzministerium angesiedelt. Auch das ist ein Zeichen: Der Osten wird nicht mehr nur als politisches Problem, sondern als wirtschaftliche Aufgabe verstanden.
Eine neue Integrationspolitik – Pawlik rückt nach
Natalie Pawlik wird neue Integrationsbeauftragte. Sie übernimmt das Amt von Reem Alabali-Radovan, die nun Ministerin wird. Pawlik bringt selbst eine Einwanderungsgeschichte mit, war zuletzt Beauftragte für Aussiedlerfragen.
Der Wechsel signalisiert: Die SPD will das Thema Migration personell glaubwürdig besetzen.
Der große Schatten der Esken
Dass Saskia Esken in der neuen Bundesregierung keine Rolle spielt, wird nicht nur innerhalb der Partei diskutiert werden. Es ist eine leise Demontage, die ohne große Worte geschieht – aber Wirkung zeigt.
Esken hatte in den vergangenen Monaten mehrfach deutlich gemacht, dass sie sich eine Rolle im Kabinett vorstellen könne.
Der Posten als Entwicklungsministerin galt als Option – nun geht er an Alabali-Radovan. Dass Esken nicht einmal einen Staatssekretärsposten erhält, ist in der SPD mehr als nur eine Personalentscheidung. Es ist ein Machtstatement.
Klingbeil übernimmt – und steht im Zentrum
Lars Klingbeil wird Finanzminister. Als Parteichef hatte er zuletzt stärker als Esken die Regierungslinie geprägt, Kompromisse mit der Union vorbereitet und die SPD nach außen vertreten. Im Kabinett ist er nun der wichtigste SPD-Mann – mit Zugriff auf Haushalt, Investitionen und alle großen Zukunftsfragen.
An seiner Seite: Matthias Miersch, der langjährige Chef der Parlamentarischen Linken, soll Fraktionsvorsitzender im Bundestag werden. Die innerparteiliche Balance ist damit gewahrt – zumindest vorerst.
Ein Kabinett mit Botschaft – aber auch mit Risiko
Das neue SPD-Team ist eine Mischung aus erfahrenen Köpfen und neuen Gesichtern. Es setzt auf Vielfalt, Frauen und Erneuerung. Aber es trägt auch das Risiko, Teile der alten SPD zu verprellen – jene Basis, die mit Esken sympathisierte oder den klassischen Funktionärsweg schätzte.
Der Verzicht auf Esken mag strategisch sinnvoll erscheinen – er birgt jedoch auch Sprengkraft. Gerade in der Debatte um soziale Gerechtigkeit, Mieten und Migration wird die SPD zeigen müssen, dass ihre neuen Gesichter auch neue Antworten liefern.
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