07. Mai, 2025

Politik

Mehr Frauen, keine Esken – so will die SPD in der Merz-Regierung mitregieren

Sechs Ministerinnen, drei Minister – die SPD präsentiert ihre neue Kabinettsriege. Überraschend fehlt: Parteichefin Saskia Esken. Dafür gibt es viele neue Namen, einige klare Botschaften – und einen Fingerzeig, wohin es mit der Partei gehen soll.

Mehr Frauen, keine Esken – so will die SPD in der Merz-Regierung mitregieren
Ausgebremst trotz Parteivorsitz – Esken bleibt ohne Kabinettsposten. Ihr Ausschluss wirft Fragen auf: Ist die SPD noch eine Partei der linken Basis – oder nur noch eine gut geölte Regierungsmaschine?

Ein Platz für Bas – aber nicht für Esken

Die SPD hat geliefert – aber nicht für alle. Während Parteichef Lars Klingbeil selbst als Finanzminister und Vizekanzler ins Zentrum der neuen schwarz-roten Bundesregierung rückt, geht seine Co-Vorsitzende Saskia Esken leer aus.

Kein Ministerium, kein Staatssekretärsposten. Es ist ein klarer Schnitt – und ein deutliches Signal.

Der einstige Doppelvorsitz ist Geschichte. Die SPD setzt auf eine neue Führungslinie – und auf Gesichter, die nicht mehr für den linken Parteiflügel, sondern für ein modernes, regierungsfähiges Sozialprofil stehen sollen.

Sechs Ministerinnen – und ein neues Selbstverständnis

Insgesamt sechs Frauen besetzen die neun Ministerposten der SPD. Das ist mehr als Parität. Das ist Absicht. Und es ist ein Bruch mit alten Zeiten, in denen Frauen in der SPD-Spitze oft Beiwerk waren – nicht Kern.

Bärbel Bas, bislang Bundestagspräsidentin, wird Arbeitsministerin. Verena Hubertz, zuletzt Vizefraktionschefin, übernimmt das Bauministerium.

Stefanie Hubig, Juristin und bisherige Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz, zieht ins Justizministerium ein. Reem Alabali-Radovan, bislang Integrationsbeauftragte, wird Entwicklungsministerin.

Die Juristin und langjährige Bildungspolitikerin übernimmt ein Ministerium, das zuletzt durch schleppende Digitalisierung und Justizstaus in der Kritik stand. Ihr Rückhalt in der Juristenschaft gilt als ausbaufähig.

Sie alle stehen für eine SPD, die weiblicher, jünger und diverser auftreten will – und die sich damit bewusst von der alten SPD-Garde absetzt.

Schneider geht aufs Ganze – als Umweltminister

Carsten Schneider, bisher Ostbeauftragter, wechselt ins Umweltressort. Der Erfurter kennt politische Kompromisse und das Ringen mit Strukturwandel aus erster Hand.

Als Umweltminister wird er nun einen der konfliktträchtigsten Posten übernehmen – zwischen Klimaschutz, Industrieinteressen und ländlichem Raum.

Elisabeth Kaiser übernimmt seinen bisherigen Posten als Ostbeauftragte – allerdings künftig im Finanzministerium angesiedelt. Auch das ist ein Zeichen: Der Osten wird nicht mehr nur als politisches Problem, sondern als wirtschaftliche Aufgabe verstanden.

Eine neue Integrationspolitik – Pawlik rückt nach

Natalie Pawlik wird neue Integrationsbeauftragte. Sie übernimmt das Amt von Reem Alabali-Radovan, die nun Ministerin wird. Pawlik bringt selbst eine Einwanderungsgeschichte mit, war zuletzt Beauftragte für Aussiedlerfragen.

Der Wechsel signalisiert: Die SPD will das Thema Migration personell glaubwürdig besetzen.

Der große Schatten der Esken

Dass Saskia Esken in der neuen Bundesregierung keine Rolle spielt, wird nicht nur innerhalb der Partei diskutiert werden. Es ist eine leise Demontage, die ohne große Worte geschieht – aber Wirkung zeigt.

Esken hatte in den vergangenen Monaten mehrfach deutlich gemacht, dass sie sich eine Rolle im Kabinett vorstellen könne.

Der Posten als Entwicklungsministerin galt als Option – nun geht er an Alabali-Radovan. Dass Esken nicht einmal einen Staatssekretärsposten erhält, ist in der SPD mehr als nur eine Personalentscheidung. Es ist ein Machtstatement.

Klingbeil übernimmt – und steht im Zentrum

Lars Klingbeil wird Finanzminister. Als Parteichef hatte er zuletzt stärker als Esken die Regierungslinie geprägt, Kompromisse mit der Union vorbereitet und die SPD nach außen vertreten. Im Kabinett ist er nun der wichtigste SPD-Mann – mit Zugriff auf Haushalt, Investitionen und alle großen Zukunftsfragen.

An seiner Seite: Matthias Miersch, der langjährige Chef der Parlamentarischen Linken, soll Fraktionsvorsitzender im Bundestag werden. Die innerparteiliche Balance ist damit gewahrt – zumindest vorerst.

Ein Kabinett mit Botschaft – aber auch mit Risiko

Das neue SPD-Team ist eine Mischung aus erfahrenen Köpfen und neuen Gesichtern. Es setzt auf Vielfalt, Frauen und Erneuerung. Aber es trägt auch das Risiko, Teile der alten SPD zu verprellen – jene Basis, die mit Esken sympathisierte oder den klassischen Funktionärsweg schätzte.

Der Verzicht auf Esken mag strategisch sinnvoll erscheinen – er birgt jedoch auch Sprengkraft. Gerade in der Debatte um soziale Gerechtigkeit, Mieten und Migration wird die SPD zeigen müssen, dass ihre neuen Gesichter auch neue Antworten liefern.

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