04. November, 2025

Startups & VC

Machtkampf bei N26: Modeunternehmer soll in den Aufsichtsrat

Ein Modehändler und ein Ex-Banker für das Kontrollgremium der Berliner Digitalbank: Die Gründer von N26 nominieren zwei überraschende Kandidaten – und liefern sich damit die nächste offene Konfrontation mit ihren Investoren.

Machtkampf bei N26: Modeunternehmer soll in den Aufsichtsrat
Daniel Terberger, Katag-Chef aus Bielefeld: Der Modeunternehmer führt ein Familienunternehmen mit über 1.000 angeschlossenen Händlern – sein Einstieg bei N26 ist branchenfremd, aber strategisch aufgeladen.

Der ungewöhnliche Kandidat

Bei N26 bahnt sich die nächste Machtprobe an. Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal, die beiden Gründer des Berliner Fintechs, haben für den Aufsichtsrat einen Namen vorgeschlagen, der in der Finanzwelt für hochgezogene Augenbrauen sorgt: Daniel Terberger, 58, Chef des Bielefelder Modekonzerns Katag.

Terberger ist kein Banker, sondern ein Einzelhändler mit Unternehmergeist – jemand, der Bekleidung statt Bankprodukte verkauft. Zwar hat er in jungen Jahren eine Banklehre absolviert und kurzzeitig bei der Deutschen Bank gearbeitet, doch seine Karriere prägte die Modebranche. Genau diese fachfremde Vita macht seine Nominierung brisant – und für manche Investoren provokant.

Kampf um Kontrolle

Die Personalie ist nicht zufällig. Nach Informationen des manager magazins nutzen Stalf und Tayenthal ein altes Sonderrecht, das ihnen erlaubt, eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat vorzuschlagen – ein Privileg, das die Investoren schon seit Längerem streichen wollen.

Die Gründer, die jeweils rund zehn Prozent der Anteile halten, versuchen damit offenbar, ihren Einfluss zu sichern – in einer Phase, in der die Machtbalance kippt. Seit Jahren wächst der Druck der Investoren, die angesichts regulatorischer Probleme, steigender Kosten und schleppender Profitabilität mehr Kontrolle fordern.

Die Berufung Terbergers wirkt wie ein strategisches Statement: weniger Finanzelite, mehr Unternehmerblick. Doch viele Kapitalgeber sehen darin vor allem eines – den Versuch, den Aufsichtsrat zu politisieren.

Ein Duo mit Signalwirkung

Neben Terberger schlagen die Gründer auch den Briten Byron Haynes (59) vor. Haynes, früher CEO der österreichischen Bank Bawag, gilt als erfahrener Krisenmanager mit solidem Finanzhintergrund. Seine Nominierung könnte den Vorwurf der Unprofessionalität mildern, doch im Gesamtpaket sendet das Duo ein klares Signal: Die Gründer wollen wieder stärker mitreden.

Für die Investoren, darunter internationale Schwergewichte wie Tencent, Peter Thiels Valar Ventures und Allianz X, ist das ein Affront. Viele von ihnen sehen N26 längst als reif für eine professionell geführte Wachstumsphase – nicht als Bühne für Gründerpolitik.

Schatten der Vergangenheit

N26 hat turbulente Jahre hinter sich. Das Fintech, einst als „Europas Antwort auf Revolut“ gefeiert, kämpft bis heute mit aufsichtsrechtlichen Problemen, Geldwäscheprüfungen und verzögerten Expansionen. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hatte 2021 die Kundenzahl gedeckelt, weil interne Kontrollsysteme als unzureichend galten.

Zwar hat das Unternehmen seine Systeme nachgebessert und zuletzt wieder Wachstum gemeldet, doch das Vertrauen vieler Investoren bleibt angekratzt. Die Bilanz der Gründer: visionär, aber mit Defiziten in Governance und Compliance.

Das Timing ist kein Zufall

Dass die Personalien kurz vor der außerordentlichen Hauptversammlung am 13. November bekannt werden, ist kein Zufall. Die Gründer nutzen die Gelegenheit, ihre verbliebenen Rechte auszuspielen – vielleicht ein letztes Mal. Denn die Investoren drängen darauf, diese Privilegien künftig formell zu streichen.

Für Stalf und Tayenthal geht es damit um mehr als zwei Aufsichtsratssitze. Es ist ein Kampf um Einfluss, Reputation und Identität. N26 ist längst kein Start-up mehr, sondern ein reguliertes Institut mit Milliardenbewertung. Doch die Gründer scheinen nicht bereit, das Steuer endgültig abzugeben.

Zwischen Symbolik und Strategie

Die Wahl Terbergers könnte dabei auch eine subtile Botschaft sein: Er steht für unternehmerische Bodenständigkeit und die Mittelstandsperspektive, die in der Berliner Fintech-Szene selten ist. Vielleicht wollen Stalf und Tayenthal zeigen, dass sie das Unternehmen wieder näher an das realwirtschaftliche Denken heranführen wollen – oder zumindest so wirken.

Doch der symbolische Wert solcher Gesten verpufft schnell, wenn das operative Geschäft schwächelt. Und Investoren wie Thiel, Allianz oder Earlybird dürften wenig Verständnis für romantische Gründergesten haben, wenn gleichzeitig Milliardeninvestitionen auf der Kippe stehen.

Machtprobe mit offenem Ausgang

Am Ende steht die Frage, ob die Gründer tatsächlich noch genug Rückhalt haben, um ihre Kandidaten durchzubringen. Die Investorenmehrheit könnte die Vorschläge blockieren – und damit ein klares Zeichen setzen, dass die Ära der Gründerherrschaft endgültig vorbei ist.

Sollten Terberger und Haynes dennoch gewählt werden, wäre das ein Prestigeerfolg für Stalf und Tayenthal – und ein klares Misstrauensvotum gegenüber den Kapitalgebern.

Eines steht fest: Der Streit um zwei Aufsichtsratssitze ist längst ein Symbol für den Machtwandel in Europas Fintech-Szene – vom Gründergeist hin zur institutionellen Kontrolle.

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