01. Mai, 2025

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Letzte Reise eines Revolutionärs – Rom verabschiedet Papst Franziskus

Papst Franziskus wird in Rom beigesetzt – allerdings nicht im Petersdom. Gläubige, Politiker und Pilger aus aller Welt nehmen Abschied von einem Kirchenoberhaupt, das seine Institution gegen viele Widerstände verändert hat.

Letzte Reise eines Revolutionärs – Rom verabschiedet Papst Franziskus
Papst Franziskus wird als erster Pontifex seit über 100 Jahren nicht im Petersdom beigesetzt – eine bewusste Abkehr vom Machtsymbolismus der Kurie.

Ein Papst auf eigenen Wegen

Am frühen Samstagmorgen taucht die Sonne den Campanile der Basilika Santa Maria Maggiore in goldenes Licht. Es ist ein symbolträchtiger Ort: Franziskus, der Reformer, der Brückenbauer, will hier, nicht im Petersdom, seine letzte Ruhe finden.

Der Sarg wird in einem umgebauten Papamobil herangeschafft, vorbei an Tausenden Pilgern, die sich auf den Straßen Roms versammelt haben.

Franziskus hatte klare Vorstellungen über sein Ende – schlicht, bodenständig, anders. Es ist eine letzte Entscheidung, die konsequent zu seinem Pontifikat passt.

Trauer und persönliche Erinnerungen

Vor der Basilika sammeln sich Pilger aus aller Welt. Alessandro Multari, ein 40-jähriger Italiener, ist einer von ihnen. "Ich habe viel geweint", sagt er, "aber aus Dankbarkeit."

Für viele ist es mehr als ein kirchliches Großereignis. Franziskus galt als Papst, der Kontakt suchte, der anrief, der Familien unangekündigt besuchte – eine Ausnahmeerscheinung im oft hermetischen Machtgefüge des Vatikans.

Auch Prominente der katholischen Szene sind gekommen. Abt Nikodemus Schnabel erinnert sich an ein persönliches Treffen während der Corona-Pandemie. Franziskus habe stets den direkten Draht gesucht, ohne Umwege über Protokoll und Hierarchien.

Politik zwischen den Reihen

Kurz vor dem Requiem sorgte eine Begegnung für Aufsehen: Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj trafen sich im Petersdom – ein diplomatisches Intermezzo inmitten religiöser Trauer.

Dass Politik und Kirche an diesem Tag eng verwoben sind, daran ließ auch das offizielle Protokoll keinen Zweifel: Über 50 Staats- und Regierungschefs saßen auf dem Petersplatz. Neben ihnen mehr als 224 Kardinäle und 750 Bischöfe.

Es war ein Abschied auf Weltniveau – und dennoch, der Mann im Mittelpunkt hatte stets andere Prioritäten: die Ränder der Gesellschaft, die Vergessenen, die Flüchtlinge.

Der erste lateinamerikanische Papst setzte Zeichen für Flüchtlinge und Ausgegrenzte – und hinterließ eine Kirche, die sich unter seiner Führung nur zaghaft verändert hat.

Ein Papst, der Mauern einriss

Kardinal Giovanni Battista Re erinnerte in seiner Predigt an Franziskus' Prinzipien: Brücken bauen, nicht Mauern. Worte, die wie eine Zusammenfassung seines Pontifikats wirken.

Franziskus hatte sich für Flüchtlinge eingesetzt, sich für soziale Gerechtigkeit starkgemacht – und war dabei oft auf Widerstand innerhalb seiner eigenen Kirche gestoßen.

Seine erste Auslandsreise führte ihn nach Lampedusa, zu den Migrantenbooten. Später erlaubte er als erster Papst die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Ein leiser, aber wirkungsvoller Kulturwandel.

Letzte Rebellion

Dass Franziskus nicht im Petersdom beigesetzt werden wollte, sondern in der Santa Maria Maggiore, ist kein Detail. Es ist ein letzter, bewusster Bruch mit der Tradition. Kein Monumentalgrab in der Nähe von Petrus, sondern eine Marienbasilika inmitten der Stadt.

Mit der Wahl der Santa Maria Maggiore als Grabstätte verweigert sich Franziskus auch im Tod dem Glanz des Vatikans – und setzt ein stilles Zeichen gegen die Tradition der Prunksucht.

"Das ist seine letzte Rebellion", sagt Vatikanexperte Andreas Englisch. Noch im Tod widersetzt sich Franziskus den erstarrten Ritualen einer Kirche, die er immer wieder aufrütteln wollte.

Ein Pontifikat, das bleibt

Franziskus hat die katholische Kirche nicht revolutioniert, aber er hat sie geöffnet, reformiert, menschlicher gemacht. Sein Tod markiert keinen Schlussstrich, sondern eine Wegmarke.
Die Frage ist nun, ob sein Erbe verteidigt oder revidiert wird.

Auf den Straßen Roms jedenfalls schwenken die Menschen Schilder mit der schlichten Aufschrift: "Grazie Francesco." Keine schlechte Bilanz für einen Mann, der die Macht der Institution mit Menschlichkeit beantwortet hat.

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