Nach mehr als zwei Monaten Krieg im Gazastreifen zeichnen sich innerhalb der Führung der islamistischen Hamas zunehmend Differenzen über den weiteren Kurs ab. Während sich der militärische Arm der Hamas unter Führung von Jihia Sinwar weiterhin Kämpfe mit Israels Armee liefert, sprechen Vertreter des politischen Arms der Hamas über ein Ende des Krieges sowie über die Zukunft des Gazastreifens.
"Wir wollen, dass der Krieg beendet wird", sagt Husam Badran, Mitglied des Politbüros der Hamas, zu dem Medienbericht des "Wall Street Journals". Badran äußert diese Meinung am Rande der katarischen Hauptstadt Doha. "Wir kämpfen nicht nur, weil wir kämpfen wollen. Wir sind keine Anhänger eines Nullsummenspiels", fügt er hinzu.
Während die politische Führung der Hamas nun Gespräche mit palästinensischen Rivalen führt, um zu klären, wie der Gazastreifen und das besetzte Westjordanland regiert werden sollen, führt der militante Arm unter Sinwar in Gaza weiterhin Krieg. Diese Verhandlungen könnten zu einem Konflikt mit Sinwars militantem Flügel führen, wird berichtet.
"Wir wollen einen palästinensischen Staat im Gazastreifen, im Westjordanland und in Jerusalem errichten", betont Badran. Diese Äußerungen des Hamas-Führers markieren eine deutliche Wende gegenüber dem 7. Oktober, als der militante Flügel ein Massaker in Israel angeführt hatte. Bei diesem Vorfall kamen mehr als 1200 Menschen auf israelischer Seite ums Leben. Israel reagierte daraufhin mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Gemäß Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seit Kriegsbeginn bereits fast 20.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet worden.
Die USA setzen auf eine neu belebte und umgestaltete Palästinensische Autonomiebehörde (PA) von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas für die Zeit nach dem Gaza-Krieg. Sie wollen, dass die im Westjordanland regierende PA auch im Gazastreifen wieder die Kontrolle übernimmt. Israel lehnt dies ab und wirft der Autonomiebehörde vor, Terror zu unterstützen. Die Hamas hatte die Autonomiebehörde 2007 gewaltsam aus dem Küstenstreifen vertrieben.
Abbas leitet die PA sowie die säkulare Fatah-Fraktion innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Die Fatah und die Hamas sind die beiden größten Palästinenserorganisationen und zugleich erbitterte Rivalen. Einige Vertreter der Fatah-Partei hatten Verständnis für den Terrorangriff der Hamas in Israel geäußert. In den letzten Jahren gab es Versöhnungsgespräche zwischen den beiden Gruppen.
Die jüngsten Gespräche der politischen Führung der Hamas mit der Fatah haben zu Spannungen mit Sinwar geführt. Sinwar möchte nicht, dass die Hamas weiterhin die Kontrolle über den Gazastreifen behält, glaubt aber, dass der Krieg noch nicht verloren ist. Es ist in seinen Augen noch zu früh für einen Kompromiss.