Der anhaltende Rechtsstreit zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und dem Discounter-Riesen Lidl über die Nutzung der "Lidl Plus"-App entwickelt sich zu einer entscheidenden rechtlichen Auseinandersetzung, die richtungsweisend für die Zukunft digitaler Bonusprogramme sein könnte. Kürzlich trat der Verbrauchersenat am Oberlandesgericht Stuttgart zusammen und diskutierte die mögliche Zulassung einer Revision beim Bundesgerichtshof. Diese Entwicklung hebt die rechtlich komplexe Fragestellung hervor: Ist es legitim, eine Gegenleistung, die in Daten statt Geld besteht, als "kostenlos" zu deklarieren? Ein entscheidendes Urteil wird für den 23. September erwartet, doch bis jetzt haben beide Parteien keinen Vergleich erzielt.
Die "Lidl Plus"-App erfreut sich weltweit großer Beliebtheit und wird von mehr als 100 Millionen Nutzern genutzt, die von besonderen Rabatten und Angeboten profitieren wollen. Doch die Verbraucherschützer erheben Bedenken hinsichtlich der Transparenz der Datenweitergabe durch die Nutzer. Ihrer Ansicht nach wird nicht ausreichend darüber informiert, dass Nutzer durch die Bereitstellung ihrer Daten und nicht durch finanzielle Mittel für Rabatte bezahlen. Die Klage des vzbv zielt auf eine genauere Information über diesen digitalen Austauschprozess ab.
Oliver Mosthaf, der vorsitzende Richter in diesem Verfahren, hob die Komplexität der rechtlichen Rahmenbedingungen hervor, auch wenn der Fall auf den ersten Blick einfach erscheint. Insbesondere bleibt unklar, wie ein Gesamt"preis" zu kennzeichnen ist, wenn dieser durch digitale Informationen und nicht durch Geld entsteht. Er merkte außerdem an, dass der Bundesgerichtshof möglicherweise den Europäischen Gerichtshof einbeziehen könnte, um eine verbindliche Auslegung der europäischen Richtlinien zu erhalten.
Dieses Verfahren wird als wegweisendes Pilotprojekt betrachtet, das die Informationspflichten bei digitalen Kundenbindungsprogrammen untersucht, die Daten als Gegenleistung einfordern. Obwohl Lidl sich derzeit nicht zu den vorgetragenen Vorwürfen äußert, wird das Unternehmen aufgrund seiner bisherigen Werbestrategien, insbesondere hinsichtlich exklusiver Rabatte durch die App, genau beobachtet. Im April hatte sich Lidl verpflichtet, in seinen gedruckten Werbematerialien immer einen allgemeinen Preis anzugeben, der für alle Kunden gilt, und nicht nur den exklusiven Preis für App-Nutzer.