Ein Kabinettsbeschluss mit Sprengkraft
Kein diplomatischer Deckmantel, keine semantischen Schleifen – Israels Sicherheitskabinett hat einstimmig einen Plan verabschiedet, der nichts Geringeres als die faktische Rückeroberung und Besetzung des Gazastreifens vorsieht.
Es ist der deutlichste Strategiewechsel seit Beginn des Kriegs. Regierungschef Benjamin Netanjahu hat bereits zugestimmt, die Mobilmachung läuft: Zehntausende Reservisten erhalten dieser Tage ihre Einberufung.
Was Israels Regierung offiziell als „Ausweitung der Militäroperation“ bezeichnet, ist de facto ein militärischer Vollangriff – mit möglichen weitreichenden Folgen, militärisch wie geopolitisch.
Einmarsch nach Ankündigung – und mit Ansage
Seit Wochen stand die Entscheidung im Raum, nun ist sie gefallen. Das neue Einsatzkonzept sieht laut übereinstimmenden Medienberichten eine umfassende Bodenoffensive vor – mit dem erklärten Ziel, die Hamas zu zerschlagen und die vollständige Kontrolle über den Gaza-Streifen wiederzuerlangen.
Eine dauerhafte Besatzung ist offenbar Teil des Plans. Die Zivilbevölkerung soll dazu „zu ihrem Schutz“ gen Süden umgesiedelt werden – so zumindest die offizielle Lesart.
Militärisch ist der Zeitpunkt nicht zufällig gewählt: Nach dem Huthi-Raketenangriff auf den Flughafen Ben Gurion bereitet sich Israel zugleich auf einen Gegenschlag gegen den Iran vor – eine Eskalation an zwei Fronten.

Reservisten rücken nach – teils zum siebten Mal
Die israelische Armee hat begonnen, Reservisten in großem Umfang einzuberufen. Einige von ihnen wurden seit Oktober bereits sechs Mal mobilisiert – nun folgt der siebte Einsatz.
Sie sollen reguläre Einheiten an der Nordgrenze und im Westjordanland ablösen, die wiederum für den Gaza-Einsatz vorgesehen sind. Generalstabschef Ejal Zamir bestätigte öffentlich die massive Truppenmobilisierung.
Auch logistisch wird aufgerüstet: Truppenbewegungen, Munitionsdepots, Nachschubtrassen – alles spricht für eine groß angelegte Bodenoperation, die diesmal mehr will als taktische Geländegewinne. Es geht um politische Kontrolle.
Humanitäre Lage: „Katastrophal ist eine Untertreibung“
Der Gaza-Streifen steht vor dem humanitären Kollaps. Seit Wochen lässt Israel keine Hilfslieferungen mehr in das Gebiet – zwei Millionen Menschen sind betroffen. Hilfsorganisationen berichten von Hunger, Krankheit, chaotischen Zuständen. Die jetzt angekündigte Offensive droht, die Lage weiter zu verschärfen.
Zwar kündigte die israelische Regierung eine kontrollierte Wiederaufnahme der Lieferungen an – über private US-Firmen und unter Ausschluss der Hamas.
Doch die Vereinten Nationen warnen: Die geplante Verteilung unter militärischem Schutz widerspreche grundlegenden humanitären Prinzipien. Die Zivilbevölkerung werde so gezwungen, sich in gefährliche Zonen zu begeben, um überhaupt an Wasser und Lebensmittel zu gelangen.
UN verweigert Zustimmung – Israel geht trotzdem vor
Der Plan zur humanitären Versorgung ist nicht mit der UNO abgestimmt – und wird von dieser offen abgelehnt. Israels Ansatz, die Versorgung von Hilfsgütern zur militärischen Strategie zu machen, sei nicht akzeptabel, so ein Sprecher des UN-Hilfsteams. Besonders für Alte, Kranke und Menschen mit Behinderungen könnte das System tödlich enden.
In diplomatischen Kreisen wächst die Sorge, dass Israel durch die gezielte Schwächung ziviler Strukturen langfristig die Rückkehr palästinensischer Selbstverwaltung verunmöglicht – und die Region damit dauerhaft destabilisiert.
Geiseln, Gerüchte, Grenzverschiebungen
Noch immer befinden sich nach offiziellen Angaben 24 israelische Geiseln sowie die Leichen von 35 Verschleppten in der Gewalt der Hamas. Ihre Freilassung ist ein zentrales Ziel der Militärstrategie.
Doch Ex-Geiseln berichten von Folter, Hunger und systematischer Misshandlung – der Druck auf die Regierung wächst, nicht länger auf Verhandlungen zu setzen.
Parallel arbeitet das Militär laut „Times of Israel“ an einem Plan, die Offensive nach dem bevorstehenden Besuch von US-Präsident Donald Trump zu starten. Washington signalisiert bislang stille Zustimmung – zu offen ist der Druck aus dem republikanischen Lager, zu groß das politische Kapital, das Trump in Nahost investieren will.
Zweite Front? Israel droht dem Iran
Die Sicherheitslage ist nicht nur auf Gaza beschränkt. Die Huthi-Miliz im Jemen hat mit iranischer Hilfe erstmals Raketen auf Israels internationalen Flughafen abgefeuert – das Abwehrsystem Arrow 3 und das US-amerikanische THAAD scheiterten. Acht Verletzte, eine politische Blamage.
Netanjahu kündigte umgehend Vergeltung an – direkt gegen Teheran. Der Angriff werde „zur Zeit und am Ort unserer Wahl“ erfolgen. Im Hintergrund laufen intensive Beratungen mit dem Pentagon. Ein gemeinsamer Militärschlag gegen iranische Stellungen in Syrien oder dem Irak gilt als wahrscheinlich.
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