Im Schatten erneuter Spannungen im Nahen Osten plant die Europäische Union, ihre Sanktionen gegen den Iran zu intensivieren. Dies folgt auf einen nächtlichen Raketen- und Drohnenangriff Irans auf Israel. Infolge einer Beratung der EU-Außenminister per Video, kündigte EU-Chefdiplomat Josep Borrell an, dass er sein Team anweise, die Präparierung zusätzlicher Strafmaßnahmen in die Wege zu leiten. Das bestehende Sanktionsregime soll dadurch sowohl erweitert als auch verschärft werden.
Angesichts der Situation könnten die Handelsbeschränkungen verstärkt werden, um den Iran am Bau von Raketen zu hindern. Ebenso soll dem Transfer von Drohnen und Raketen an Alliierte in der Nachbarschaftsregion ein Riegel vorgeschoben werden. Geplante Maßnahmen betreffen den Ausbau einer Sanktionierung, die nach dem Start des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine errichtet wurde, als iranische Drohnenlieferungen bekannt wurden. Seitdem wurde die Ausfuhr bestimmter Komponenten nach Iran untersagt, die für die Fertigung und den Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen essenziell sind. Auch Personen und Institutionen stehen im Fokus vergangener Sanktionen.
Die Angriffe des Irans auf Israel, die mit einem bemerkenswerten Abwehrerfolg Israels mündeten, galten als Vergeltung für einen vermeintlichen israelischen Schlag gegen das iranische Botschaftsareal in Damaskus, bei dem zwei hochrangige Revolutionsgardisten zu Tode kamen. Es bleibt abzuwarten, welche Schritte Israel als Reaktion auf den Luftschlag ergreifen wird.
Borrell hebt hervor, die Dringlichkeit, eine weitere Eskalation zu unterbinden, sei Konsens unter den Außenministern gewesen. Man mahne zu Besonnenheit und verlange, von dem drohenden Abgrund zurückzutreten. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass sich die Spirale aus Attacke und Vergeltung zu einem ausgewachsenen Krieg ausbreite, inklusive der Gefahr einer Ausdehnung auf den Gazastreifen.
In der Diskussion um die Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation merkte Borrell an, dass eine solche Klassifizierung nach EU-Recht voraussetze, dass die Einheit erst auf nationaler Ebene wegen Terroraktivitäten verfolgt werde, was bisher nicht geschehen sei.
Über den Zeitpunkt, zu welchem die neuen Sanktionen greifen könnten, äußerte sich Borrell noch nicht konkret, deutete allerdings an, dass bereits das bevorstehende Außenminister-Treffen der EU in Luxemburg weitere Schritte in die Wege leiten könnte.
Ein diplomatisches Zögern Borrells in Sachen zusätzliche Sanktionen wird unter anderem mit dem Versuch verknüpft, den Iran an einem Atomabkommen zu halten. Dieses zielt darauf ab, den Bau einer iranischen Nuklearwaffe zu verhindern. Für Deutschland nahm Europastaatssekretärin Anna Lührmann an der Konferenz teil. Sie vertrat Annalena Baerbock, die Außenministerin, aufgrund eines kurzfristigen Besuches in Israel.