10. Oktober, 2025

Quartalszahlen

Düsseldorfer Verpackungskonzern Gerresheimer kassiert Prognose und erwartet Umsatzrückgang

Nach einem schwachen dritten Quartal senkt Gerresheimer überraschend seine Jahresziele. Der Konzern rechnet nun mit einem Umsatzminus und geringeren Margen – besonders die Kosmetiksparte bleibt ein Sorgenkind.

Düsseldorfer Verpackungskonzern Gerresheimer kassiert Prognose und erwartet Umsatzrückgang
Nach schwachem Quartal senkt Gerresheimer die Prognose – Anleger reagieren mit deutlichen Kursverlusten.

Prognose gekippt, Vertrauen angekratzt

Es ist ein Rückschlag, den die Börse nicht erwartet hatte: Der Spezialverpackungshersteller Gerresheimer zieht seine Jahresprognose zurück. Nach einem unerwartet schwachen dritten Quartal rechnet das Düsseldorfer Unternehmen jetzt mit einem organischen Umsatzrückgang von zwei bis vier Prozent im Geschäftsjahr 2025. Bislang war Gerresheimer noch von einem bestenfalls leichten Wachstum ausgegangen – im schlimmsten Fall von Stagnation.

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Auch die bereinigte Gewinnmarge (Ebitda) wird zurückgeschraubt. Die Gründe: ein anhaltend schwaches Geschäft im Kosmetikbereich, verzögerte Aufträge im Pharmasegment und insgesamt eine vorsichtigere Investitionsstimmung der Kunden.

Quelle: Eulerpool

Damit revidiert eines der bekanntesten deutschen Industrieunternehmen innerhalb weniger Monate seine eigenen Erwartungen – und das in einem Umfeld, in dem Investoren Stabilität schätzen.

Kosmetikmarkt als Problemzone

Besonders die Kosmetiksparte, einst ein verlässlicher Wachstumstreiber, hat sich für Gerresheimer zum Klotz am Bein entwickelt. Die Nachfrage nach hochwertigen Glas- und Kunststoffverpackungen für Parfüms und Cremes ist weiter rückläufig.

„Wir sehen derzeit eine anhaltend verhaltene Ordertätigkeit im Kosmetiksegment“, heißt es aus Unternehmenskreisen. Die Branche leidet unter Konsumzurückhaltung und hohen Lagerbeständen – viele Markenhersteller bauen erst Bestände ab, bevor sie neu bestellen.

Quelle: Eulerpool

Auch geopolitische Unsicherheiten und schwächere Nachfrage aus China spielen eine Rolle. Analysten gehen davon aus, dass sich die Erholung der Beauty-Industrie frühestens 2026 voll entfalten könnte. Für Gerresheimer kommt das zu spät, um die aktuelle Prognoselücke zu schließen.

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Pharma bleibt stabil, aber nicht stark genug

Im Pharmageschäft, das für rund zwei Drittel des Konzernumsatzes steht, bleibt die Lage zwar robuster – aber nicht dynamisch genug, um die Einbrüche in anderen Bereichen auszugleichen. Verzögerungen bei Projekten und eine vorsichtige Auftragsvergabe großer Kunden dämpfen das Wachstum.

Die Entwicklung zeigt, dass selbst vermeintlich krisenfeste Industrien unter strukturellen Marktveränderungen leiden. Gerresheimer hatte zuletzt stark in neue Produktionskapazitäten investiert, insbesondere in den USA und Mexiko. Diese Kapazitäten sind nun nur teilweise ausgelastet – was auf die Margen drückt.

Anleger reagieren nervös

An der Börse kam die Nachricht nicht gut an. Nach Bekanntgabe der Adhoc-Mitteilung rutschte die Gerresheimer-Aktie im nachbörslichen Handel deutlich ins Minus. Analysten bewerten den Schritt als „notwendig, aber enttäuschend“.

„Das Management verliert mit dieser Anpassung ein Stück Glaubwürdigkeit“, sagt ein Branchenexperte. „Nach mehreren optimistischen Ausblicken folgt nun die Realität.“

Noch vor wenigen Monaten hatte CEO Dietmar Siemssen betont, dass der Konzern trotz schwieriger Rahmenbedingungen „auf Kurs“ sei. Nun zeigt sich: Der Kurs war wackliger als gedacht.

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Zwischen Überkapazitäten und Kostendruck

Gerresheimer kämpft wie viele Industrieunternehmen mit steigenden Energiekosten, höheren Personalausgaben und einem insgesamt schwächeren Auftragseingang. Hinzu kommt ein strukturelles Problem: Viele Kunden aus der Pharma- und Kosmetikbranche bestellen inzwischen kurzfristiger und vorsichtiger – was langfristige Planung erschwert.

Die Folge: Produktion und Beschaffung müssen flexibler werden, gleichzeitig steigen die Stückkosten. „Die Margen geraten von beiden Seiten unter Druck – durch weniger Volumen und höhere Fixkosten“, erklärt ein Branchenanalyst.

Quelle: Eulerpool

Auch der anhaltende Kostendruck durch Energiepreise bleibt ein Faktor. Glasverpackungen sind energieintensiv, und obwohl Gerresheimer auf modernisierte Schmelzöfen und Recyclingprozesse setzt, lassen sich steigende Kosten nur bedingt kompensieren.

Strategischer Kurs: Zwischen Risiko und Hoffnung

Trotz der herben Prognosekorrektur hält das Management an seinen mittelfristigen Zielen fest. Gerresheimer will seine Profitabilität bis 2027 wieder steigern – vor allem durch Effizienzprogramme und eine stärkere Fokussierung auf margenstarke Medizintechnikprodukte.

Zudem setzt das Unternehmen auf Innovation: intelligente Inhalatoren, Spezialverpackungen für Biopharmazeutika und digitale Nachverfolgungssysteme sollen künftig für Wachstum sorgen.

Doch bis diese neuen Geschäftsfelder spürbar Umsatz generieren, dürfte es dauern. Die Märkte sind zögerlich, die Investoren skeptisch – und das Vertrauen angeschlagen.

Ein Weckruf für den Mittelstand

Der Rückzieher von Gerresheimer ist mehr als ein Einzelfall – er steht symptomatisch für die aktuelle Verfassung des deutschen Mittelstands: hohe Kosten, schwache Nachfrage, fragile Lieferketten. Unternehmen, die sich über Jahre als „konjunkturstabil“ sahen, müssen ihre Erwartungen neu justieren.

Für Gerresheimer, das mit über 11.000 Mitarbeitern in mehr als 30 Ländern aktiv ist, bedeutet das: Kurs halten in unruhiger See.

Gerresheimer hat seine Anleger mit der Prognosesenkung kalt erwischt. Der Konzern kämpft mit Problemen, die größer sind als ein schwaches Quartal – strukturelle Nachfragerückgänge, steigende Kosten, sinkende Planbarkeit.

Der Düsseldorfer Traditionskonzern muss nun beweisen, dass er mehr kann als Krisenverwaltung. Der Markt hat ein deutliches Signal gesendet: Durchhalteparolen reichen nicht mehr.

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