22. Juli, 2025

Wirtschaft

Dollar schwach, Euro stark – aber lohnt sich jetzt wirklich die Währungssicherung?

Der US-Dollar verliert an Boden – viele Anleger denken über Absicherung nach. Doch Währungshedges sind keine Versicherung gegen Verluste, sondern ein Spiel mit Kosten, Wahrscheinlichkeiten und Risikostruktur.

Dollar schwach, Euro stark – aber lohnt sich jetzt wirklich die Währungssicherung?
Die Absicherung des US-Dollar kostet Anleger derzeit rund 2 % pro Jahr – das entspricht über zehn Jahre fast dem Verlust einer moderaten Abwertung.

Was will ich absichern?

Der Euro hat seit Jahresbeginn gegenüber dem US-Dollar deutlich zugelegt – ein Dollar kostet nur noch rund 0,87 Euro. Wer US-Vermögenswerte hält, spürt das im Depot.

Sinkt der Dollar weiter, droht Kaufkraftverlust für Euro-Investoren. Kein Wunder also, dass die Nachfrage nach Währungssicherungen zunimmt. Doch die Frage, ob sich ein Hedge wirklich lohnt, ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.

Denn: Wer jetzt absichert, spekuliert nicht auf Sicherheit – sondern kauft sich Stabilität gegen laufende Kosten. Und diese Kosten sind gestiegen.

Zwei Prozent pro Jahr – für ein „Vielleicht“

Die Absicherung eines Dollar-Engagements kostet aktuell rund zwei Prozent pro Jahr – allein wegen der Zinsdifferenz zwischen Euro- und US-Raum. Hintergrund: Während die US-Notenbank an einem höheren Zinsniveau festhält, ist die EZB bereits auf Lockerungskurs. Wer den Dollar absichern will, muss deshalb draufzahlen.

Diese zwei Prozent wirken zunächst überschaubar. Aber über zehn Jahre gesehen summieren sie sich auf rund 20 Prozent – und liegen damit etwa auf Höhe des Verlusts, den eine schleichende Dollar-Abwertung in derselben Zeit verursachen würde.

Kurz gesagt: Wer absichert, verliert garantiert. Wer nicht absichert, verliert nur, wenn der Dollar weiter fällt.


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Langfristige Prognosen? Meist unbrauchbar

Wer glaubt, Währungskurse zuverlässig prognostizieren zu können, irrt in den meisten Fällen. Geopolitik, Handelsströme, Leitzinsen, Kapitalmärkte, Marktpsychologie – es sind zu viele Faktoren im Spiel.

Zwischen 2002 und 2008 verlor der Dollar stark an Wert, nur um in den Jahren danach wieder deutlich zuzulegen. Und auch heute ist unklar, ob der aktuelle Trend nachhaltig ist oder nur ein temporärer Ausschlag.

Thomas Neukirch, Währungsexperte bei HQ Trust, bringt es auf den Punkt: „Absichern sollte man nicht wegen einer Erwartung – sondern wegen eines Risikoprofils.“ Heißt: Nicht die Kursrichtung, sondern die Risikotoleranz des Anlegers ist entscheidend.

Beispiel Private Equity: Teures Polster mit begrenztem Nutzen

Ein Praxisbeispiel zeigt die schwierige Abwägung. Ein typisches Private-Equity-Portfolio, das stark auf den Dollar setzt, würde bei einer 25-prozentigen Abwertung der US-Währung innerhalb von zehn Jahren eine Rendite-Erosion von 10,0 auf 6,9 Prozent (IRR) erleben. Mit vollständiger Währungssicherung ließe sich der Verlust auf 7,8 Prozent begrenzen – die Differenz ist real, aber teuer erkauft.

Erst wenn der Dollar um mehr als 30 Prozent fällt, macht sich die Absicherung spürbar bezahlt. Die Frage ist nur: Wie wahrscheinlich ist dieses Szenario – und wie teuer ist es, sich dagegen zu wappnen?

Hedging als Teil der Allokation – nicht als Bauchgefühl

Für professionelle Investoren ist klar: Währungsmanagement ist kein Spekulantenwerkzeug, sondern Teil des strategischen Risikomanagements. Absicherung macht Sinn, wenn sie Volatilität senkt, Cashflows planbarer macht oder ein Portfolio stabiler aufstellt. Wer hingegen nur auf Basis einer Annahme – „Der Dollar fällt weiter“ – handelt, sichert nicht ab, sondern wettet auf eine Richtung.

Für Privatanleger gilt daher: Erst prüfen, wie hoch der Fremdwährungsanteil überhaupt ist – und dann entscheiden, ob sich das Risiko anders reduzieren lässt. In vielen Fällen ist eine simple Umschichtung wirkungsvoller als ein teurer Hedge.

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