12. Dezember, 2024

Immobilien

Bauen für alle? Warum die neue Wohnungsbau-Reform kaum Entlastung bringt

Die Bundesregierung hofft, den Bau durch vereinfachte Regeln anzukurbeln – doch hohe Kosten und die bevorstehende Grundsteuer-Reform belasten Bauherren und Mieter weiterhin.

Bauen für alle? Warum die neue Wohnungsbau-Reform kaum Entlastung bringt
Die geplanten Erleichterungen der Bauvorschriften begünstigen vor allem größere Projekte und lassen kleine Bauvorhaben und Eigenheime außen vor – eine echte Entlastung für den Mittelstand bleibt aus.

In Deutschland fehlt es an bezahlbarem Wohnraum, doch mit der neuen Wohnungsbau-Reform soll das anders werden – zumindest theoretisch. Der Entwurf des „Gebäudetyp-E-Gesetzes“, vom Bundeskabinett kürzlich verabschiedet, verspricht einfachere Bauvorschriften und weniger Bürokratie.

Statt starrer Vorgaben sollen Bauherren künftig auf manche Komfortstandards wie Raumhöhe und Schallschutz verzichten können, um die Baukosten zu senken. Doch ob die Reform tatsächlich Entlastung bringt, bleibt fraglich.

Denn die Kosten im Bauwesen steigen weiter – besonders für die verpflichtenden Anlagen wie Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen, die durch die Energiepolitik quasi vorgeschrieben sind.

Für Einfamilienhäuser belaufen sich die Ausgaben für Wärmepumpen und Solaranlagen mittlerweile auf rund 25.000 Euro und mehr, was die Ersparnisse der neuen Bauvorgaben schnell zunichtemacht.

„Wir haben uns eingemauert in Regeln und Gesetzen“, sagt Vonovia-Chef Rolf Buch und sieht Bund, Länder und Kommunen in der Pflicht, grundlegende Lösungen für den stockenden Wohnungsbau zu finden.

Eine Bau-Reform mit Lücken

Die Bauindustrie begrüßt das geplante Gesetz, kritisiert aber, dass es den privaten Hausbauern kaum zugutekommt. Die vorgeschlagenen Erleichterungen sind vor allem auf größere Projekte zugeschnitten.

Während der Gebäudetyp E Bauherren in vielen Aspekten Flexibilität geben könnte, profitieren private Bauherren oder kleine Bauunternehmen nur wenig davon. Der Bauherrenschutzbund bemängelt, dass der Durchschnittsverdiener, der Eigenheime oder kleinere Wohnhäuser errichten möchte, kaum Vorteile aus der Reform ziehen kann.

Die verpflichtende Installation von Wärmepumpen treibt die Baukosten in die Höhe – mit Anschaffungs- und Betriebskosten von bis zu 35.000 Euro pro Haus bleibt für viele Bauherren von den geplanten Einsparungen nichts übrig.

Neben den veränderten Standards kommt auch ein bürokratisches Problem hinzu: Der Gebäudetyp E darf nur von zertifizierten Unternehmen realisiert werden, was kleinere oder junge Bauunternehmen durch zusätzliche Dokumentationen und Qualifikationsnachweise benachteiligt.

Diese Auflagen könnten den Wettbewerb verzerren, die Kosten nach oben treiben und kleinere Bauunternehmen aus dem Markt drängen.

Wärmepumpen und Photovoltaik: teure „Pflicht“ im Eigenheim

Ein erheblicher Kostentreiber sind verpflichtende Energiesysteme, insbesondere Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen. Die Anschaffungskosten für eine Wärmepumpe liegen oft zwischen 15.000 und 35.000 Euro, wobei auch der Stromverbrauch und die lange Amortisationszeit von bis zu 14 Jahren die Finanzierung belasten.

Einfamilienhäuser müssen zudem oft Photovoltaikanlagen für durchschnittlich 10.000 bis 17.500 Euro installieren, um den modernen Standards gerecht zu werden. Damit werden die Einsparungen des „Gebäudetyp-E-Gesetzes“ bereits bei Bauplanung von Eigenheimen wieder aufgezehrt.

Neue Grundsteuer sorgt für Unsicherheit

Doch das Bauwesen ist nur ein Teil des Problems. Ab Januar 2025 tritt die umstrittene Grundsteuer-Reform in Kraft, die alle Immobilien neu bewerten wird. Eigentümer müssen damit rechnen, dass die Grundstückswerte, teils stark angehoben werden.


Lesen Sie auch:

Soli-Aus oder Soli-Pflicht? Der Streit um den Solidaritätszuschlag
Vor dem Bundesverfassungsgericht verteidigen SPD und Grüne den Solidaritätszuschlag als Finanzquelle für Klima und Verteidigung, während die FDP dessen Abschaffung fordert – ein milliardenschweres Urteil steht bevor.

Diese Neubewertung könnte zu erheblich höheren Grundsteuerzahlungen führen – in manchen Fällen das Zwanzigfache des bisherigen Wertes.

Kritik an der Neubewertung kommt von Steuerexperten und dem Bund der Steuerzahler, die die neuen Bodenrichtwerte für realitätsfern halten. Grundstücke werden teilweise unabhängig von ihrer Lage und Nutzung bewertet, was zu drastischen Unterschieden zwischen benachbarten Parzellen führen kann.

Finanzämter haben bereits Gebiete wie Hochwasserregionen oder Waldstücke ähnlich bewertet wie Bauland, was zu absurden Steuerlasten führt. Gregor Kirchhof, Steuerrechtsexperte, bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer-Reform, da die neue Bemessung gegen den Gleichheitssatz verstoßen könnte.

Nachhaltige Entlastung bleibt aus

Die Reform der Bauvorschriften und die Grundsteueranpassungen werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen des deutschen Wohnungsmarkts. Die Gesetzgebung um den Gebäudetyp E ist ein Schritt, den Bauprozess zu vereinfachen, doch greift sie zu kurz.

Statt den Wohnungsbau für alle zu fördern, verlagert die Reform Kosten und Hürden lediglich, ohne echte Entlastung für private Bauherren zu schaffen. Die anhaltenden Verpflichtungen zur Installation von Energiesystemen und die unsicheren Grundsteuersteigerungen machen das Bauen für viele unerreichbar.