Ein globaler Gigant auf Schrumpfkurs
Der weltgrößte Paketdienstleister UPS streicht 20.000 Stellen – und macht dafür ausgerechnet einen Kunden verantwortlich, der einst das Wachstum befeuerte: Amazon. Dessen Sendungsvolumen ging im ersten Quartal um 16 Prozent zurück.
Für das zweite Quartal rechnet UPS mit einem ähnlich starken Rückgang. Die Konsequenz: weniger Pakete, weniger Umsatz, weniger Jobs.
UPS-Chefin Carol Tomé gibt sich betont nüchtern. Man müsse sich „an ein neues Nachfrageumfeld anpassen“. Die Weltwirtschaft sei in einem Zustand, in dem selbst ein Koloss wie UPS nicht mehr automatisch wächst. Stattdessen geht es jetzt um Kosten, Strukturen – und den Rückbau eines Systems, das über Jahre auf Dauerwachstum programmiert war.
Trump-Zölle treffen auch die Letzten der Lieferkette
Der tieferliegende Grund für den Rückzug Amazons liegt im politischen Washington. US-Präsident Donald Trump hat mit seiner jüngsten Zolloffensive das globale Handelsklima weiter verschärft.
Höhere Einfuhrabgaben, steigende Preise, sinkende Nachfrage – ein Dominoeffekt, der nun bei UPS ankommt. Der Konzern spricht von einer „Flut an Zöllen“, die Lieferketten lähmt und Planbarkeit zerstört.
Wenn Großkunden wie Amazon weniger importieren und verteilen, geraten Logistiker wie UPS unter massiven Druck. Schon im Januar hatte das Unternehmen angekündigt, die Amazon-Auslieferungen bis Mitte 2026 zu halbieren. Dass dieser Prozess nun deutlich schneller geht, kommt für viele dennoch überraschend.

Kein Wachstum, kein Ausblick
Der Umsatz von UPS lag im ersten Quartal bei 21,5 Milliarden Dollar – ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Die operative Marge ist weiterhin zweistellig (10,8 %), aber der Vorstand verzichtet auf eine Aktualisierung des Jahresausblicks. Das Signal: Es herrscht zu viel Unsicherheit, um verlässlich zu planen.
Dass ein Unternehmen mit fast 500.000 Beschäftigten keinen Ausblick geben will, ist selten – und bezeichnend. Denn UPS hat in seiner über 100-jährigen Geschichte zahlreiche Krisen überstanden.
Doch diesmal scheinen gleich mehrere Entwicklungen zusammenzukommen: politische Unsicherheit, struktureller Wandel im E-Commerce, Konkurrenz durch billigere Anbieter und eine wachsende Skepsis gegenüber globalen Liefermodellen.
Restrukturierung als Dauerzustand
Neben dem massiven Stellenabbau – zusätzlich zu 12.000 gestrichenen Jobs im Vorjahr – kündigt UPS auch die Schließung von 73 Gebäuden an. Betroffen sind sowohl eigene als auch geleaste Immobilien.
Restrukturierungskosten zwischen 400 und 600 Millionen US-Dollar werden für 2025 erwartet. Das ist mehr als das Dreifache der Sanierungskosten des Jahres 2023.
Der Konzern scheint damit nicht mehr auf vorübergehende Schwächen zu reagieren – sondern auf ein verändertes Geschäftsmodell. Flexibilisierung, Automatisierung, Schrumpfung: Die neue Normalität bei UPS ist kein Krisenmodus, sondern ein Umbau mit Ansage.
Die Logistik als Frühindikator
UPS ist nicht irgendein Konzern. Wer hier Stellen streicht, verändert Arbeitsmärkte – in den USA, aber auch weltweit. Und wer hier Kunden verliert, zeigt, wie stark die globale Konjunktur tatsächlich ins Rutschen geraten ist. Amazon als Volumenbringer fällt weg. Der Rest des Marktes kann die Lücke nicht füllen.
Dass ausgerechnet ein Unternehmen, das vom Online-Boom der Pandemie profitierte wie kaum ein anderes, nun zum Sanierungsfall wird, zeigt: Die Hochphase der globalisierten Logistik ist vorerst vorbei. Was bleibt, sind kleinere Netze, weniger Abhängigkeiten – und ein brutaler Anpassungsprozess, der auch in Europa nicht folgenlos bleiben dürfte.
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