12. Juli, 2025

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200.000 Dollar fürs Tippen? – Warum Prompt Engineers plötzlich keiner mehr braucht

Einst als Zukunftsjob gefeiert, heute ein Ladenhüter: Die Nachfrage nach Prompt Engineers ist drastisch eingebrochen. Eine neue Studie zeigt, warum der Hype schneller verflog als die erste Antwort von ChatGPT – und was wirklich hinter dem Berufsbild steckt.

200.000 Dollar fürs Tippen? – Warum Prompt Engineers plötzlich keiner mehr braucht
In Deutschland wurden zwischen 2023 und 2024 nur 130 Stellen für Prompt Engineers ausgeschrieben – bei über 70.000 neuen IT-Jobs insgesamt.

Ende 2022 war der Begriff noch kaum bekannt – nur wenige Wochen später galt er bereits als Eintrittskarte in die KI-Elite: Prompt Engineers, so nannte man plötzlich jene Menschen, die besonders klug mit Chatbots reden konnten.

Wer es verstand, präzise Anweisungen in natürlich klingende Sätze zu verpacken, durfte sich Hoffnung auf sechsstellige Gehälter machen. Anthropic, ein aufstrebender Konkurrent von OpenAI, bot angeblich bis zu 335.000 US-Dollar. Auch bei Meta, Google und Microsoft hieß es: Prompt Engineering sei „the next big thing“.

Doch die Realität in Deutschland sieht ganz anders aus – und inzwischen auch in weiten Teilen der Welt. Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) existiert in der Bundesrepublik praktisch kein Arbeitsmarkt für Prompt Engineers.

Zwischen Januar 2023 und Ende 2024 wurden gerade einmal 130 entsprechende Stellen ausgeschrieben – das sind weniger als 0,2 Prozent aller IT-Jobangebote im selben Zeitraum.

Der Hype, der nie real war

Was als Trend gefeiert wurde, war in Wahrheit ein Nischenphänomen mit kurzer Halbwertszeit. Bereits 2024 halbierte sich die Zahl der Ausschreibungen im Vergleich zum Vorjahr. Der Höhepunkt lag ausgerechnet im August 2023 – mitten im Sommerloch.

Dabei ist das Interesse der Jobsuchenden erstaunlich groß: Laut Indeed beziehen sich pro eine Million Suchanfragen rund 34 auf das Schlagwort „Prompt Engineering“.

Das klingt wenig – ist im Verhältnis zu den tatsächlich ausgeschriebenen Jobs aber ein massives Missverhältnis. Studienautor Jan Engler spricht von einer „klassischen Angebots-Nachfrage-Schieflage“.

Laut IW-Studie interessieren sich viele Jobsuchende für Prompt Engineering – doch auf eine Million neue Stellen kommen im Schnitt weniger als fünf echte Jobangebote.

Kompetenz statt Berufsbild

Doch woran liegt es, dass kaum jemand solche Spezialisten einstellt? Die IW-Studie liefert eine nüchterne, aber klare Antwort: Es gibt durchaus Bedarf an der Fähigkeit, KI-Systeme präzise anzuleiten – nur wird das immer häufiger als Zusatzqualifikation innerhalb bestehender Berufe verstanden, nicht als eigenständige Rolle.

So taucht das Schlagwort „Prompt Engineering“ heute vor allem in Jobprofilen von Data Scientists, Strategieberatern oder Kommunikationsfachleuten auf. Auch Redaktionen, Werbeagenturen und Tech-Startups verlangen immer öfter Grundkenntnisse im Umgang mit generativer KI.

Insgesamt waren es in den vergangenen zwei Jahren rund 23.000 Stellen mit zumindest teilweisem KI-Bezug – ein Vielfaches der offiziell ausgeschriebenen Prompt-Stellen.

Ein Job wie das Metaversum

Prompt Engineering steht damit exemplarisch für eine neue Art von KI-Mythos, bei dem sich Wunschdenken und wirtschaftliche Realität auffallend stark widersprechen. Es war ein kurzer Traum vom „leicht verdienten Geld“: Mit ein paar gut formulierten Prompts in der Hand die neue Speerspitze der KI-Revolution bilden – dieses Narrativ wirkte 2023 ebenso verlockend wie naiv.

Dass es anders kam, liegt auch am rasanten Fortschritt der Technologie selbst. Die neuen Modelle von GPT, Claude oder Gemini sind längst nicht mehr auf übermäßig komplizierte Anweisungen angewiesen. Vieles, was 2023 noch als "Prompt Magie" verkauft wurde, erledigt das System heute automatisch.

Die Bedeutung liegt weniger in der Formulierung, sondern in der kreativen Anwendung, im Kontextwissen und in der Fähigkeit, Aufgaben sinnvoll zu strukturieren.

Moderne Chatbots wie GPT-4 und Claude kommen auch mit unpräzisen Eingaben klar – der Marktwert des Prompt Engineers sinkt mit jeder Modellgeneration.

Auch in den USA: Trend am Ende

Die Microsoft-Umfrage unter führenden Unternehmen bestätigt den Befund. Auf die Frage, welche neuen Rollen künftig geschaffen werden sollen, landeten Prompt Engineers fast ganz unten – nur eine Berufsgruppe wurde noch seltener genannt.

In den USA spricht man längst nicht mehr über Einstiegsgehälter von 300.000 Dollar. Stattdessen dreht sich die Diskussion um verantwortlichen KI-Einsatz, Automatisierung und die Integration von LLMs in bestehende Workflows.

Was bleibt vom Hype?

Prompt Engineering wird nicht verschwinden – aber es wird in Zukunft eher das sein, was PowerPoint und Excel heute schon sind: ein Werkzeug, kein Beruf. Wer KI-Modelle effektiv steuern will, braucht nicht nur gute Sprachkenntnisse, sondern auch ein tiefes Verständnis für Daten, Kontexte und Geschäftsmodelle.

Der Markt hat entschieden – und die Antwort fällt ernüchternd aus: Wer Prompt Engineering als Karriereweg begreift, ist auf dem Holzweg. Wer es als Bestandteil eines komplexen Skillsets versteht, liegt goldrichtig.

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