29. Juli, 2025

Unternehmen

Zuckerbergs KI-Offensive: Der letzte Kampf um die Zukunft

Meta hat den Anschluss in der KI-Forschung verloren. Jetzt will Mark Zuckerberg mit Milliarden, Druck und einer radikal neuen Strategie zurück an die Spitze. Doch intern wächst die Angst – und ein Machtkampf mit Yann LeCun scheint unausweichlich.

Zuckerbergs KI-Offensive: Der letzte Kampf um die Zukunft
Zuckerbergs Machtinstrument: Mit Mehrfach-Stimmrechten kann er Milliarden-Investitionen in KI ohne Zustimmung von Aktionären durchsetzen – Kritiker warnen vor Alleingängen ohne interne Kontrolle.

200 Millionen für einen einzigen Kopf

Ruoming Pang war keine gewöhnliche Verpflichtung. Wer bei Apple das KI-Fundament baut, ist kein einfacher Entwickler. Pang war der Mann hinter Siri 2.0 – ein Schlüsselspieler. Jetzt gehört er zu Meta.

Kostenpunkt: mehr als 200 Millionen Dollar. Mark Zuckerberg hat damit nicht nur ein Talent abgeworben, er hat ein Signal gesetzt. Der Subtext: Wer KI ernst nimmt, muss bereit sein, alles zu zahlen. Und: Meta meint es ernst.

Vom Pionier zum Verfolger

Dabei war Meta einst ganz vorn. Schon 2013 gründete Zuckerberg das hauseigene KI-Labor FAIR. Mit Yann LeCun leitete einer der einflussreichsten Köpfe der Branche die Forschung – ein Mann, der später den Turing Award gewann.

Die akademischen Erfolge waren groß. Doch intern war die Kritik deutlich: Die Forschung blieb Theorie, die Produkte hinkten hinterher.

Dann kam ChatGPT – und schob alles beiseite. Meta konterte mit LLaMA, einem offenen Sprachmodell, das schnell in der Szene Fuß fasste. Doch der Erfolg hielt nicht lange. Die nächste Version, LLaMA 4 alias „Behemoth“, floppte.

Eine neue Speicherstruktur brachte das System durcheinander, das Modell verlor inhaltlich den Faden – ein GAU in der Welt der generativen Intelligenz.

Mitten im Strukturwandel: Meta investiert 70 Milliarden Dollar in KI-Infrastruktur – noch übersteigen die Ausgaben die Einnahmen bei weitem. Anleger zeigen sich zunehmend nervös.

DeepSeek überholt Meta – mit Metas Technik

Während Meta strauchelte, zog ein chinesisches Unternehmen vorbei. DeepSeek brachte Anfang des Jahres sein Modell R1 auf den Markt – leistungsstärker, effizienter, flüssiger. Ironischerweise hatte DeepSeek offenbar auf LLaMA-Code aufgebaut. Was für Meta gedacht war, utzte nun der Rivale.

Mark Zuckerberg war außer sich. Und wechselte den Modus: Vom Tüftler zum Feldherrn.

Gründermodus: Kontrolle, Druck, Angst

Wer bei Meta arbeitet, kennt den „Gründermodus“. Dann kontrolliert Zuckerberg alles, fragt jede Entscheidung ab, mischt sich in Details ein. Aktuell herrscht dieser Modus wieder. Wochenendarbeit ist Pflicht. Kreativität? Unter Beobachtung.

„Wir leben in einer Kultur der Angst“, schrieb ein Entwickler jüngst beim Abschied. Intern hat Meta die KI-Organisation bereits umgebaut: Entwicklung und Anwendung sind jetzt getrennt – mit klaren Befehlsketten.

Meta Superintelligence Labs – Zuckerbergs Elite-Einheit

Zuckerberg setzt nicht nur auf Rechenleistung, sondern auf eine neue Task-Force: das Meta Superintelligence Lab. Die Köpfe dahinter: Alexandr Wang, Gründer von Scale AI, sowie die Tech-Veteranen Nat Friedman und Daniel Gross. Ihre Mission: Meta wieder in die Weltspitze bringen.

Meta im Ausnahmezustand: Nach dem Flop von LLaMA 4 herrscht im Hauptquartier in Menlo Park ein Klima der Angst – ehemalige Mitarbeiter berichten von Kontrollzwang, Wochenendarbeit und dem Verlust kreativer Freiheit.

Dafür greift Zuckerberg tief in die Tasche. Allein dieses Jahr investiert Meta über 70 Milliarden Dollar in Rechenzentren, Chips und Infrastruktur. Ziel: 1,3 Millionen Nvidia-Beschleuniger bis Ende 2025. Ein Arsenal, mit dem sich KI-Geschichte schreiben ließe – wenn die Strategie aufgeht.

Offene Rechnung mit der Forschung

Aber es gibt Spannungen. Vor allem mit Yann LeCun. Der FAIR-Gründer glaubt nicht an eine generative Superintelligenz, wie sie Zuckerberg jetzt anstrebt. Noch gravierender: Er hält an Open Source fest. Zuckerberg dagegen hat nach der DeepSeek-Erfahrung Zweifel. Die Entscheidung: künftig eher geschlossen.

Es ist ein Bruch mit LeCuns Philosophie – und möglicherweise bald auch mit LeCun selbst. Bislang hat sich der KI-Vordenker nicht öffentlich gegen Zuckerbergs Kurs gestellt. Doch intern rechnet man mit Konsequenzen.

Der Preis der Offensive

Von den 14 führenden Forschern des ersten LLaMA-Modells sind nur noch drei bei Meta. Der Rest arbeitet längst bei Google, Microsoft, Mistral oder Anthropic. Um die Lücke zu schließen, wirbt Zuckerberg seither unermüdlich um neue Talente – auch bei der Konkurrenz.

Er traf sich sogar mit OpenAIs Forschungschef Mark Chen. Der kam nicht – aber gab Ratschläge. Dumm nur: Genau diese Tipps nutzt Zuckerberg jetzt, um noch aggressiver bei OpenAI abzuwerben.

Meta will die Gelddruckmaschine neu erfinden

Zuckerbergs Plan geht über Forschung hinaus. KI soll Meta verändern – und zum Milliardenmotor werden. Noch 2025 will er mit KI-Produkten bis zu drei Milliarden Dollar umsetzen. 2035 könnten es laut interner Prognose 1,4 Billionen sein.

Wie das gelingen soll? KI-Agenten für Werbung, Vertrieb, Kundenservice. Automatisiert, skaliert, integriert in Facebook, WhatsApp, Instagram – und angeboten an die 200 Millionen kleinen Unternehmen, die Metas Plattformen heute schon nutzen.

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