10. Juli, 2025

Unternehmen

Zalando im Streikmodus: Warum der Konflikt in Erfurt mehr ist als ein Betriebsproblem

Der dritte Warnstreik im Erfurter Logistikzentrum legt erneut den Finger in die Wunde: Beschäftigte fordern endlich faire Löhne, doch das Management blockt. Gleichzeitig verliert die Zalando-Aktie an Boden.

Zalando im Streikmodus: Warum der Konflikt in Erfurt mehr ist als ein Betriebsproblem
Trotz dreier Warnstreiks verweigert die Zalando-Führung bislang Tarifverhandlungen. Ein bemerkenswerter Kurs, gemessen an den steigenden Umsätzen des Konzerns.

Wer heute früh durch das Industriegebiet von Erfurt fuhr, konnte es kaum übersehen: Transparente, Trillerpfeifen und eine wütende Menge. Seit 6 Uhr stehen sie wieder vor dem Tor – etwa 100 Beschäftigte des Zalando-Logistikzentrums im Warnstreik.

Zum dritten Mal in wenigen Wochen. Und wie bereits im April und Mai lässt die Konzernleitung weiter auf sich warten. Keine Gespräche, keine Verhandlungen.

Flächentarifvertrag oder System Zalando?

Verdi fordert, dass Zalando endlich die Tarifverträge für den Einzel- und Versandhandel in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen anerkennt. Diese sehen rund 15 Prozent höhere Grundlöhne vor – plus Zuschläge, kürzere Arbeitszeiten und eine betriebliche Altersvorsorge.

"Zalando lässt die Beschäftigten auf einem Lohnniveau von vorgestern arbeiten, obwohl der Konzern längst von heute ist", sagt Matthias Adorf von Verdi.

Zalando hingegen schweigt. Auch auf Nachfrage der InvestmentWeek gab es vom Unternehmen keine neue Stellungnahme. In der Vergangenheit hatte Zalando immer wieder betont, man biete „marktgerechte Konditionen“ – was Kritiker als Ausrede interpretieren, um sich tariflicher Bindung zu entziehen.

Etwa 250 Beschäftigte beteiligen sich laut Verdi am jüngsten Streik – ein ungewöhnlich hoher Mobilisierungsgrad für die bisher gewerkschaftlich schwach organisierte Branche.

Gute Zahlen, schlechte Stimmung

Was den Frust der Streikenden noch verstärkt: Zalando geht es wirtschaftlich alles andere als schlecht. Nach schwierigen Jahren hat sich das Unternehmen operativ stabilisiert, die Umsätze wachsen wieder. Doch ein Teil der Belegschaft profitiert davon offenbar kaum. Vor allem in der Logistik klafft die Lohnlücke zur Branche – insbesondere in Ostdeutschland.

Auch deshalb ist der aktuelle Warnstreik mehr als ein lokal begrenzter Arbeitskampf. Es ist ein Lackmustest für Zalando. Will man als moderner Arbeitgeber auftreten und den gesellschaftlichen Wandel mitgestalten? Oder bleibt man beim betriebswirtschaftlich kalten Modell der maximalen Flexibilität ohne soziale Bindung?

Zalando-Aktie unter Druck

An der Börse ist die Stimmung jedenfalls angespannt. Die Zalando-Aktie verliert im Dienstagshandel auf XETRA zeitweise ein Prozent und fällt auf 27,85 Euro. Anleger fragen sich zunehmend, ob die wachsenden sozialen Spannungen nicht langfristig die operativen Erfolge überschatten.

Quelle: Eulerpool

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