Dass Elon Musk keine Scheu vor öffentlichen Ausrastern hat, ist bekannt. Doch was sich am Dienstag auf X (ehemals Twitter) abspielte, dürfte selbst langjährige Beobachter des Tesla-Chefs überrascht haben. Als der einflussreiche Analyst
Dan Ives von Wedbush Securities dem Tesla-Verwaltungsrat nahelegte, endlich Grenzen für Musk zu ziehen, kam vom CEO nur eine Antwort:
„Halts Maul, Dan.“
In aller Öffentlichkeit. Per Tweet. Zwischen Börsencrash, Parteigründung und Übernahmefantasien verliert Tesla seinen Fokus – und mit ihm vielleicht bald das Vertrauen der Anleger.
Shut up, Dan
— Elon Musk (@elonmusk) July 8, 2025
Der Kurs bröckelt, Musk provoziert
Montagabend, kurz nach Handelsschluss an der Nasdaq: Tesla-Aktien stürzen um knapp sieben Prozent ab. Binnen weniger Stunden sind 68 Milliarden Dollar Börsenwert ausgelöscht – ein Aderlass, der selbst für Tech-Schwergewichte bemerkenswert ist.
Das Unternehmen kämpft mit sinkenden Margen, schwindender Nachfrage und wachsender Konkurrenz. Doch statt sich auf Lösungen zu konzentrieren, zettelt Musk einen Nebenkriegsschauplatz nach dem anderen an.
Jüngstes Beispiel: die Gründung einer eigenen politischen Bewegung namens „America Party“. Ausgerechnet der Mann, der CEO von fünf Unternehmen ist – darunter Tesla, SpaceX und xAI –, will nun auch in der US-Politik mitmischen. Die Nachricht sorgt für Stirnrunzeln selbst bei Musk-Anhängern – und für scharfe Kritik aus der Analystenszene.

Der Analyst, der sich (noch) traut
Dan Ives gilt als einer der prominentesten Tesla-Bullen an der Wall Street. Sein Kursziel von 500 Dollar ist weit entfernt vom aktuellen Kursniveau und macht ihn zum wohl optimistischsten Analysten, wenn es um Musk & Co. geht. Doch offenbar reicht auch ihm die Geduld nicht mehr.
In einem offen formulierten Appell forderte Ives den Tesla-Verwaltungsrat auf, dem Kontrollverlust Einhalt zu gebieten. Seine Vorschläge sind dabei keineswegs feindlich, sondern strategisch gedacht – und könnten Tesla sogar helfen:
- Ein neues Vergütungspaket für Musk, das seine 25-Prozent-Stimmrechtsforderung erfüllt.
- Verbindliche Regeln für die Zeit, die Musk aktiv bei Tesla verbringen muss.
- Eine Art Aufsichtsgremium über Musks politische Aktivitäten, um Reputationsschäden zu vermeiden.
Mit anderen Worten: Ives schlägt eine Lösung vor, die Musk mehr Macht gibt – aber unter Bedingungen. Doch statt das als Chance zu begreifen, reagiert Musk mit Beleidigung.
Ein CEO außer Kontrolle?
Elon Musk ist nicht nur CEO, er ist auch Kultfigur, Markenbotschafter, Twitter-Großwild und zunehmend politischer Aktivist.
Doch genau das wird zum Problem. Während andere Tech-Chefs um Vertrauen in die strategische Führung ringen, sorgt Musk regelmäßig für Schlagzeilen, die mit Tesla kaum noch etwas zu tun haben.
Ob seine Nähe zu Verschwörungstheoretikern, die Rolle bei politischen Kampagnen oder sein fragwürdiges Verhältnis zu Meinungsfreiheit – der CEO wird für Anleger mehr und mehr zur Blackbox.
Derzeit scheint sich Musk vor allem für sein KI-Startup xAI zu interessieren – und strebt laut Insidern eine Fusion mit Tesla an. Ein potenzieller Interessenkonflikt, der bislang vom Verwaltungsrat unbeantwortet bleibt.
Ein Verwaltungsrat, der schweigt
Das vielleicht größte Problem: Die fehlende Kontrolle. Der Tesla-Verwaltungsrat gilt als Musk-nah, teilweise als personell abhängig von ihm. Während in anderen börsennotierten Unternehmen Governance-Strukturen regelmäßig überprüft und CEOs eingebremst werden, genießt Musk bei Tesla seit Jahren Narrenfreiheit. Dan Ives ist einer der wenigen, der das offen ausspricht – und prompt zur Zielscheibe wird.
Dass Wedbush trotz Musks Ausfall ihre Kaufempfehlung für Tesla beibehält, ist ein Statement: Es geht hier nicht um Feindschaft, sondern um die Frage, ob Tesla künftig noch investierbar bleibt. Und ob man bereit ist, die Risiken eines unberechenbaren CEOs dauerhaft mitzutragen.
Der CEO wird zum Kursrisiko
Tesla hat die Welt der Elektromobilität verändert – aber die Herausforderungen werden größer. Der Markt ist kein Monopol mehr, Chinas Hersteller sind aggressiv, und selbst loyalste Anleger fragen sich, wo Musk seine Prioritäten setzt.
In einem Umfeld, das klare Führung und Fokus verlangt, spielt der Tesla-Chef lieber politische Seifenoper – und pöbelt gegen jene, die ihn zur Besinnung bringen wollen.
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