Der Riss ging nicht durch den Immobilienmarkt, sondern durch die Partnerschaft selbst. Engel & Völkers Digital Invest (EVDI), einst ein Hoffnungsträger der digitalen Immobilienfinanzierung, hat beim Amtsgericht Charlottenburg Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet.
Der Grund: Eine ausbleibende Auszahlung seitens des eigenen Hauptgesellschafters, dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin (VZB).
Verweigerte Zahlung, verletzter Vertrag?
Nach Darstellung von EVDI wurde ein vertraglich vereinbartes Darlehen – laut Insidern in signifikanter Höhe – kurzfristig und ohne Vorwarnung vom VZB blockiert. Die Summe sei für die Bedienung einer außerordentlichen Verbindlichkeit dringend benötigt worden.

Der Vorstand der EVDI spricht von einem "Treuepflichtverstoß" und wirft dem Versorgungswerk vor, bewusst den Vertragsbruch provoziert zu haben.
Der Vorgang sei umso bemerkenswerter, da frühere Tranchenauszahlungen stets fristgerecht erfolgt seien. Auch die aktuelle Version des Darlehensvertrags sei von der derzeitigen VZB-Führung selbst unterzeichnet worden.
Noch vor wenigen Monaten, so heißt es aus Kreisen der EVDI, habe das Projekt auf einem soliden Sanierungspfad gelegen.
Die Berliner Zahnärzte halten dagegen
Das Versorgungswerk wiederum sieht die Lage völlig anders. In einer schriftlichen Stellungnahme distanziert sich das VZB deutlich von den Vorwürfen und betont: Man trage keine Verantwortung für die Zahlungsunfähigkeit der EVDI.
Im Gegenteil: Die Weigerung, weiteres Kapital bereitzustellen, sei Ausdruck der Pflicht, das Vermögen der Mitglieder zu schützen. Das Darlehen sei „höchst spekulativ, illiquide und nicht mit den Anlagegrundsätzen eines Versorgungswerks vereinbar".
Nach eigenen Angaben habe das VZB die Verträge juristisch prüfen lassen und dabei erhebliche aufsichtsrechtliche Mängel festgestellt. Die Vereinbarungen seien „zum Teil außerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises" abgeschlossen worden, heißt es weiter.
Das Berliner Landgericht gab dieser Sichtweise offenbar recht: Ein Eilantrag der EVDI zur Durchsetzung der Auszahlung wurde Anfang Juli abgelehnt.

Ein Versorgungswerk mit Vergangenheit
Besonders brisant: Das VZB selbst steht seit Längerem in der Kritik. Medienberichte zu fragwürdigen Beteiligungen und Fehlinvestitionen haben das Ansehen des Versorgungswerks geschwächt. Inzwischen wurden externe Fachleute beauftragt, die Beteiligungsstruktur zu prüfen – ein deutliches Zeichen für interne Aufarbeitung.
Ob der Stopp der Mittelvergabe an EVDI Teil dieser neuen Zurückhaltung ist, bleibt Spekulation. Fest steht: Die Verantwortlichen beim VZB zeigen sich deutlich entschlossener als noch vor wenigen Jahren. Und sie sind offenbar bereit, auch drastische Schritte zu gehen.
Schaden für Anleger, Fragen an die Aufsicht
Für die Anleger von Engel & Völkers Digital Invest ist die Situation eine Zitterpartie. Allein 2024 wurden 13 Projekte über die Plattform mit einem Volumen von 22 Millionen Euro finanziert.
Wie es nun weitergeht, ist offen. Zwar betont der EVDI-Vorstand die operative Stabilisierung des Unternehmens, doch ohne Kapital dürfte diese kaum aufrechtzuerhalten sein.
Der Fall wirft auch Fragen an die Aufsicht auf: Wie konnte ein Versorgungswerk ein so risikobehaftetes Darlehen überhaupt genehmigen? Welche Kontrollinstanzen haben hier versagt – auf Seiten der EVDI, aber auch beim VZB? Und was bedeutet die Insolvenz für das Vertrauen in Plattformfinanzierung generell?
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