10. Juli, 2025

Unternehmen

Wie das Versorgungswerk den Finanzierer Engel & Völkers Digital Invest zu Fall brachte

Engel & Völkers Digital Invest (EVDI) meldet Insolvenz an und erhebt schwere Vorwürfe gegen den eigenen Mehrheitsaktionär, das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin. Die Reaktion des VZB fällt ebenso scharf aus. Ein Streit um Darlehen, Verantwortung – und ums Prinzip.

Wie das Versorgungswerk den Finanzierer Engel & Völkers Digital Invest zu Fall brachte
Streit mit Sprengkraft: Der Lizenzpartner von Engel & Völkers wirft dem Versorgungswerk der Berliner Zahnärzte Vertragsbruch vor – das VZB kontert mit aufsichtsrechtlichen Bedenken.

Der Riss ging nicht durch den Immobilienmarkt, sondern durch die Partnerschaft selbst. Engel & Völkers Digital Invest (EVDI), einst ein Hoffnungsträger der digitalen Immobilienfinanzierung, hat beim Amtsgericht Charlottenburg Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet.

Der Grund: Eine ausbleibende Auszahlung seitens des eigenen Hauptgesellschafters, dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin (VZB).

Verweigerte Zahlung, verletzter Vertrag?

Nach Darstellung von EVDI wurde ein vertraglich vereinbartes Darlehen – laut Insidern in signifikanter Höhe – kurzfristig und ohne Vorwarnung vom VZB blockiert. Die Summe sei für die Bedienung einer außerordentlichen Verbindlichkeit dringend benötigt worden.

Börsengang EV Digital Invest AG
Seite an Seite in die EV Digital Invest AG investieren

Der Vorstand der EVDI spricht von einem "Treuepflichtverstoß" und wirft dem Versorgungswerk vor, bewusst den Vertragsbruch provoziert zu haben.

Der Vorgang sei umso bemerkenswerter, da frühere Tranchenauszahlungen stets fristgerecht erfolgt seien. Auch die aktuelle Version des Darlehensvertrags sei von der derzeitigen VZB-Führung selbst unterzeichnet worden.

Noch vor wenigen Monaten, so heißt es aus Kreisen der EVDI, habe das Projekt auf einem soliden Sanierungspfad gelegen.

Die Berliner Zahnärzte halten dagegen

Das Versorgungswerk wiederum sieht die Lage völlig anders. In einer schriftlichen Stellungnahme distanziert sich das VZB deutlich von den Vorwürfen und betont: Man trage keine Verantwortung für die Zahlungsunfähigkeit der EVDI.

Im Gegenteil: Die Weigerung, weiteres Kapital bereitzustellen, sei Ausdruck der Pflicht, das Vermögen der Mitglieder zu schützen. Das Darlehen sei „höchst spekulativ, illiquide und nicht mit den Anlagegrundsätzen eines Versorgungswerks vereinbar".

Nach eigenen Angaben habe das VZB die Verträge juristisch prüfen lassen und dabei erhebliche aufsichtsrechtliche Mängel festgestellt. Die Vereinbarungen seien „zum Teil außerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises" abgeschlossen worden, heißt es weiter.

Das Berliner Landgericht gab dieser Sichtweise offenbar recht: Ein Eilantrag der EVDI zur Durchsetzung der Auszahlung wurde Anfang Juli abgelehnt.

Finanzielle Zwangslage: EV Digital Invest hatte auf die Auszahlung eines Millionen-Darlehens gesetzt, um Vergleichsansprüche von Anlegern zu bedienen – das Geld blieb aus.

Ein Versorgungswerk mit Vergangenheit

Besonders brisant: Das VZB selbst steht seit Längerem in der Kritik. Medienberichte zu fragwürdigen Beteiligungen und Fehlinvestitionen haben das Ansehen des Versorgungswerks geschwächt. Inzwischen wurden externe Fachleute beauftragt, die Beteiligungsstruktur zu prüfen – ein deutliches Zeichen für interne Aufarbeitung.

Ob der Stopp der Mittelvergabe an EVDI Teil dieser neuen Zurückhaltung ist, bleibt Spekulation. Fest steht: Die Verantwortlichen beim VZB zeigen sich deutlich entschlossener als noch vor wenigen Jahren. Und sie sind offenbar bereit, auch drastische Schritte zu gehen.

Schaden für Anleger, Fragen an die Aufsicht

Für die Anleger von Engel & Völkers Digital Invest ist die Situation eine Zitterpartie. Allein 2024 wurden 13 Projekte über die Plattform mit einem Volumen von 22 Millionen Euro finanziert.

Wie es nun weitergeht, ist offen. Zwar betont der EVDI-Vorstand die operative Stabilisierung des Unternehmens, doch ohne Kapital dürfte diese kaum aufrechtzuerhalten sein.

Der Fall wirft auch Fragen an die Aufsicht auf: Wie konnte ein Versorgungswerk ein so risikobehaftetes Darlehen überhaupt genehmigen? Welche Kontrollinstanzen haben hier versagt – auf Seiten der EVDI, aber auch beim VZB? Und was bedeutet die Insolvenz für das Vertrauen in Plattformfinanzierung generell?

Das könnte Sie auch interessieren:

Warum Norwegens Ölfonds in Deutschlands Stromadern investieren will
Der größte Staatsfonds der Welt prüft den Einstieg bei Tennet und Amprion – und könnte zum wichtigsten Kapitalgeber der Energiewende werden. Doch der Deal hat eine Schieflage, über die kaum jemand spricht.