21. Juni, 2025

Unternehmen

Wer wirklich hinter Jack Wolfskin, North Face & Co. steckt

Chinesische Konzerne, gescheiterte Milliardendeals und CEOs im Klettergurt: Die großen Outdoor-Marken geben sich naturnah – doch hinter der Fassade regiert das globale Kapital.

Wer wirklich hinter Jack Wolfskin, North Face & Co. steckt
Verkauft wie heiße Wanderbrötchen – doch keiner verdient daran: Die Eigentümer von The North Face & Co. kämpfen mit strukturellem Gegenwind. VF Corporation meldete zuletzt einen Nettoverlust von 190 Millionen US-Dollar – trotz stabiler Umsätze bei The North Face und Timberland.

Lagerfeuergeschichten und Hedgefonds-Gipfel

Die Outdoor-Branche lebt vom Gefühl der Unabhängigkeit, von Freiheit, Wildnis, Abenteuern in den Alpen oder der Arktis.

Was viele Träger der winddichten Jacken und stabilen Bergstiefel jedoch nicht wissen: Hinter Marken wie Jack Wolfskin, The North Face oder Salomon stehen keine romantischen Start-ups mehr, sondern internationale Beteiligungsgesellschaften, milliardenschwere Sportartikelkonzerne und veritable Börsenzombies.

Wer draußen unterwegs ist, trägt oft einen halben Hedgefonds am Körper.

Jack Wolfskin: Vom Lagerfeuer in den Private-Equity-Kreislauf

Beginnen wir mit dem bekanntesten Namen: Jack Wolfskin. Die Wolfstatze kennt in Deutschland fast jeder. 90 Prozent Markenbekanntheit, funktionale Kleidung, ikonische Stores – und eine Geschichte, die 1981 angeblich am Lagerfeuer begann. Doch was einst als Start-up der Outdoor-Romantik galt, hat eine kapitalmarktgetriebene Achterbahnfahrt hinter sich.

Nach mehreren Eigentümerwechseln zahlte 2011 der US-Investor Blackstone laut Branchenkreisen rund 700 Millionen Euro – ein Preis, der sich nie amortisierte.

2019 übernahm der US-Golfkonzern Topgolf Callaway Brands, verkaufte aber kürzlich mit Verlust weiter: Anta Sports aus China zahlte nur noch rund 262 Millionen Euro. Inklusive Managementwechsel. Ex-CEO Matthew Jung verließ Anfang Juni 2025 das Unternehmen – kein Wort zu den Hintergründen.

Operativ zeigt sich das Unternehmen robust, aber nicht glänzend: Für 2025 erwartet man bei einem Umsatz von rund 325 Millionen Euro ein Ebitda von lediglich 12 Millionen. Die große Zeit der Rekordrenditen scheint vorerst vorbei – die Marke kämpft gegen ein überfülltes Marktsegment und neue, digitale Wettbewerber.

The North Face und Timberland: Die unauffällige Macht der VF Corporation

In den deutschen Fußgängerzonen ähnlich präsent ist The North Face – doch kaum jemand kennt die Muttergesellschaft: VF Corporation, ein börsennotierter Textilriese aus Denver.

Ihm gehören auch Marken wie Vans, Dickies und Timberland. Der Konzern hat weltweit 50.000 Beschäftigte und machte zuletzt 9,5 Milliarden Dollar Umsatz, schrieb aber 190 Millionen Dollar Verlust.

Outdoor, aber bitte mit Gucci – The North Face kooperiert mit Luxusmarken, während sich der Mutterkonzern um seine Bilanz sorgt. Zwischen Mode-Experimenten und Managementwechseln: VF Corporation setzt auf Imagepflege, um sinkende Margen zu kaschieren.

Während einige Tochtermarken einbrechen, halten sich The North Face und Timberland mit leichten Zuwächsen über Wasser. Auch sie sind nicht mehr das, was sie einmal waren: The North Face wurde 1966 als Bergsteigerschule in San Francisco gegründet – der Gründer Douglas Tompkins war Umweltaktivist und starb 2015 bei einem Kajakunfall. Heute ist von dieser Geschichte wenig geblieben.

Die Marke setzt inzwischen auf Kooperationen mit Luxuslabels wie Gucci – ein Spagat zwischen Mainstream und Exklusivität, zwischen Wanderweg und Laufsteg. Ob das gelingt, bleibt offen.

Mammut: Schweiz, Seile, Private Equity

Auch die traditionsreiche Marke Mammut ist längst nicht mehr in Familienhand. Das Unternehmen entstand aus einer Seilerei von 1862, produzierte zunächst für Landwirte, dann für Kletterer – und wurde zur Ikone alpiner Ausrüstung.

Heute gehört Mammut dem britischen Private-Equity-Investor Telemos Capital, hinter dem der L’Oréal-Erbe Ernesto Bertarelli steht.

Rund 850 Mitarbeitende in 40 Ländern halten das Unternehmen am Laufen – medienwirksam unterstützt vom CEO Heiko Schäfer, der sich für eine Kampagne an der Eiger-Nordwand abseilte, um „Homeoffice“ in luftiger Höhe zu simulieren. Ironisch: Während die Chefetage Selfies in der Vertikalen macht, steht das Unternehmen in einem gesättigten Markt mit sinkender Marge unter Zugzwang.

Adidas und Salomon: Milliarden versenkt in den Alpen

Die deutsche Sportmarke Adidas dachte einst, mit Salomon ein zweites Standbein im Outdoorbereich aufbauen zu können. Das 1997 für 2,4 Milliarden D-Mark gekaufte Unternehmen wurde zur Geldvernichtungsmaschine: 2005 stieg Adidas wieder aus, für einen Bruchteil des Einstiegspreises.

Heute gehört Salomon zur Amer Sports Group, die wiederum von Anta Sports aus China kontrolliert wird. Damit finden sich Jack Wolfskin und Salomon nun unter demselben asiatischen Dach. Das Ziel: ein Outdoor-Imperium nach chinesischem Vorbild – strategisch motiviert, langfristig orientiert, aber auch stark kontrolliert.

Im Frühjahr 2024 eröffnete Salomon einen Flagshipstore auf der Champs-Élysées. Das Timing war bewusst gewählt: Kurz vor den Olympischen Spielen in Paris wollte man Sichtbarkeit – und Relevanz. Seit 2025 führt Guillaume Meyzenq die Geschäfte. Die Herausforderungen sind klar: Markenimage, Innovation, Rentabilität.

Gipfelgefühle, global finanziert

Ob Jack Wolfskin, The North Face, Mammut oder Salomon – wer in deutschen Städten wetterfest auftritt, trägt oft eine globale Kapitalgeschichte auf dem Rücken. Die Marken erzählen von Bergen, Natur und Autonomie. Ihre Eigentümerstruktur hingegen erzählt von Private Equity, chinesischen Konzernen und fragwürdigen Managemententscheidungen.

Der Outdoor-Markt bleibt populär – aber auch gnadenlos durchkommerzialisiert. Zwischen Markenimage und Margendruck verschwimmt die Grenze zwischen Abenteuer und Aktienkurs. Der Gipfel der Rendite ist erreicht – oder liegt hinter uns.

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