26. Juli, 2025

Quartalszahlen

Warum LVMH trotz Milliardengewinnen unter Druck steht

Der französische Luxusgigant meldet sinkende Umsätze und Gewinne – und trotzdem steigt die Aktie. Dahinter steckt mehr als bloße Hoffnung auf China.

Warum LVMH trotz Milliardengewinnen unter Druck steht
Minus 4 Prozent beim Umsatz, minus 15 Prozent beim operativen Gewinn: LVMH rutscht ins erste Halbjahr mit rückläufigen Zahlen – und bleibt dennoch der drittwertvollste Konzern der Eurozone.

Weniger Cognac, weniger Cash

Es klingt paradox: LVMH macht im ersten Halbjahr 2025 5,7 Milliarden Euro Gewinn – und trotzdem spricht der Markt von einer Krise. Der weltgrößte Luxuskonzern, bekannt für Marken wie Louis Vuitton, Dior, Moët und Hennessy, muss beim Umsatz einen Rückgang von 4 % hinnehmen, beim operativen Ergebnis sogar minus 15 %. Der Luxus-Konsum kühlt sich ab. Und zwar schneller als viele Investoren erwartet haben.

Quelle: Eulerpool

Besonders betroffen ist das Geschäft mit Wein und Spirituosen. Hier trifft der Konzern auf ein schwieriges geopolitisches Klima: Der Handelskonflikt zwischen China und den USA belastet die Nachfrage spürbar – insbesondere beim margenstarken Cognac-Geschäft. Das Mode- und Ledersegment, eigentlich das stabile Fundament von LVMH, liefert ebenfalls enttäuschende Zahlen.

Trotz Rückgang: Aktie dreht ins Plus

Der Markt reagierte zunächst verschnupft: Die Aktie fiel am Morgen auf 460 Euro. Doch dann drehte das Papier überraschend ins Plus – ein Kursanstieg von mehr als 3 Prozent bis zum späten Vormittag.

Quelle: Eulerpool

Analysten sprechen von einem „Bodenbildungsversuch“. Seit dem Tief bei 437 Euro Ende Juni scheint sich der Kurs zu stabilisieren – obwohl der Konzern mit einem Minus von fast 23 Prozent seit Jahresbeginn weiterhin zu den größten Verlierern im EuroStoxx 50 zählt.

Woran liegt die plötzliche Kehrtwende? Offenbar hatten viele Marktteilnehmer mit noch schlechteren Zahlen gerechnet. Und: In der begleitenden Telefonkonferenz zur Bilanz fanden sich einige Punkte, die für vorsichtige Zuversicht sorgen.

Quelle: Eulerpool

Erholung in China – Hoffnung oder Realität?

Ein Lichtblick kommt aus Fernost: Die Nachfrage in China zieht langsam wieder an, nachdem das Geschäft dort in den vergangenen Quartalen gelitten hatte. Analysten sprechen von „spürbaren Marktanteilsgewinnen“ bei mehreren Kernmarken, insbesondere im Modebereich. Das LVMH-Management verweist auf eine bessere Frequenz in den Geschäften und eine ermutigende Entwicklung im Online-Segment.

Doch Vorsicht ist geboten: Die geopolitischen Risiken in China – von Regulierung bis Konjunktur – bleiben bestehen. Und auch das Konsumverhalten der chinesischen Mittelschicht verändert sich.

„Erholung ja, aber nicht zum alten Niveau“, sagt ein Branchenanalyst im Gespräch mit der InvestmentWeek. „Der Boom von vor der Pandemie ist nicht zurück.“

Kostenkontrolle als Bollwerk

Positiv überrascht hat LVMH beim Thema Effizienz. Trotz des deutlichen Gewinnrückgangs lobten Analysten wie Zuzanna Pusz von der UBS die konsequente Kostenkontrolle.

Anders gesagt: LVMH verdient deutlich weniger – aber strukturell bleibt der Konzern profitabel. Das operative Ergebnis lag mit rund 9 Milliarden Euro klar über dem, was viele Beobachter erwartet hatten.

Auch Analyst Adam Cochrane von der Deutschen Bank verweist auf „operative Stärke trotz schwächelnder Nachfrage“. Für das zweite Halbjahr gebe es durchaus Potenzial für eine Trendwende – wenn sich die Frühindikatoren bestätigen.

Die Marke bleibt stark – aber reicht das?

LVMH ist nicht irgendein Konzern. Es ist der Inbegriff globalen Luxus', mit einem Markenportfolio, das seinesgleichen sucht. Louis Vuitton, Dior, Fendi, Celine, Bulgari – jede dieser Marken steht für ein eigenes Ökosystem aus Begehrlichkeit, Margenstärke und Pricing-Macht. Doch auch Begehrlichkeit unterliegt Zyklen.

Die zentrale Frage lautet: Reicht die Markenkraft, um durch diese Phase durchzutragen? Oder braucht es strategische Anpassungen?

Investorenerwartungen prallen auf Realität

Mit einem Börsenwert von 246 Milliarden Euro ist LVMH nach SAP und Hermès das drittwertvollste Unternehmen der Eurozone. Doch genau dieser Status macht den Konzern angreifbar: Die Erwartungen an das Wachstum waren hoch – zu hoch.

2025 sollte das Jahr der Erholung sein, nach dem schwierigen Vorjahr. Nun zeigt sich: Die Konsumzurückhaltung trifft auch die Spitze der Pyramide. Und Anleger beginnen zu fragen, ob der Markt für Luxusgüter tatsächlich so unverwundbar ist, wie man lange geglaubt hat.

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