Elektro-Modelle später als geplant
Volkswagen hatte Großes vor: Ab 2027 sollte Wolfsburg, das größte Autowerk der Welt, endgültig in die Elektro-Ära starten.
Doch nun kommt alles anders. Der ID.Roc und der ID.Golf sollen laut internen Informationen erst ab 2030 in Serie gehen – deutlich später als vorgesehen. Der ID.3 und der Cupra Born bleiben länger in Zwickau, Wolfsburg wird frühestens ab 2028 elektrisch.
Spardruck diktiert die Zeitpläne
Die Verzögerungen sind keine technischen, sondern finanzielle Probleme. VW kämpft mit einem massiven Spardruck: 15 Milliarden Euro wurden bereits im Vorjahr gestrichen, weitere Kürzungen stehen bevor.
Konzernchef Oliver Blume sucht Investoren für Töchter wie Powerco oder Everllence, parallel prüfen Banker den Verkauf weiterer Beteiligungen. „Uns fehlt schlicht Geld“, so ein Insider.

Überinvestiert und ausgebremst
Die schwächere Nachfrage nach Elektroautos trifft VW besonders hart. Ursprünglich kalkulierte man mit deutlich höheren Stückzahlen – die Investitionen laufen ins Leere. Die bestehenden Plattformen MEB und PPE sollen deshalb länger genutzt werden.
Neue Baukästen wie SSP, die die Zukunft sichern sollten, sind noch nicht fertig. Diskutiert wird sogar über Reichweitenverlängerer mit kleinen Verbrennungsmotoren, weil Märkte wie China stark in diese Richtung wachsen.
Wolfsburg zwischen Hoffnung und Frust
Für die Beschäftigten sind die Nachrichten zwiespältig: Kurzfristig sorgt der weiterhin starke Absatz des Verbrenner-Golfs für volle Auftragsbücher. Doch die Belegschaft kämpft mit maroden Anlagen, Ausfällen und einem Investitionsstau.
Betriebsratschefin Daniela Cavallo fordert vom Vorstand klare Zusagen und Investitionen: „Es gibt nichts Schlimmeres, als eine Sonderschicht anzusetzen und dann nach Stunden nach Hause geschickt zu werden, weil Maschinen stillstehen.“
Signal an Investoren
Die Verzögerungen zeigen, wie eng der finanzielle Spielraum bei VW inzwischen geworden ist. Während Tesla und chinesische Wettbewerber ihre Modellpaletten konsequent ausbauen, setzt VW auf Zeitgewinn und Kostendisziplin. Ob der Markt dem Konzern diese Geduld zugesteht, ist ungewiss. An der Börse hat die Aktie zwar seit Jahresbeginn zugelegt, seit Blumes Amtsantritt jedoch über ein Viertel verloren.
Wolfsburg steht an einer Weggabelung: Zwischen dem Druck, schnell in die Elektromobilität einzusteigen, und der Notwendigkeit, Liquidität zu sichern. Für Europas größten Autobauer ist das mehr als eine Planänderung – es ist ein Stresstest für die Zukunftsfähigkeit des gesamten Konzerns.
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