01. Oktober, 2025

Unternehmen

Vonovia entdeckt die Bundeswehr als neuen Wohnungsmarkt

Deutschlands größter Vermieter sieht im geplanten Truppenaufbau Chancen für Milliardeninvestitionen. Vorstandschef Rolf Buch spricht von einem „Werkswohnungsbau 2.0“ – und positioniert sich als Partner des Staates im Ringen um Wohnraum.

Vonovia entdeckt die Bundeswehr als neuen Wohnungsmarkt
Vonovia wirbt um die Bundeswehr: Während Mieter über steigende Nebenkosten klagen, wittert der Konzern neue Rendite im Soldatenwohnungsbau.

Soldaten als Mieter – für Rolf Buch, Vorstandschef von Vonovia, ist das keine Randnotiz, sondern eine ernsthafte Wachstumsoption. Der Manager bringt Deutschlands größten Wohnungsvermieter als potenziellen Partner für die Unterbringung der Bundeswehr ins Spiel.

„Wenn man uns fragt, sind wir behilflich“, sagt Buch. Angesichts der massiven Truppenaufstockung, die die NATO von Deutschland fordert, könnte sich hier ein neuer Markt öffnen – und zwar einer, der garantiert solvente Mieter hat: den Staat.

Die Zahlen sprechen für sich. Ende Juli zählte die Bundeswehr rund 183.000 Soldatinnen und Soldaten. Doch in den kommenden Jahren soll die Truppe auf mindestens 260.000 anwachsen.

Quelle: Eulerpool

Ein Plus von fast 80.000 Menschen – viele von ihnen werden neue Unterkünfte brauchen. Für Buch liegt der Schluss nahe: „Wenn ich Menschen irgendwo anders beschäftigen möchte, muss ich auch gucken, dass ich für sie eine Wohnung habe. Sonst wird das mit der Beschäftigung schwierig.“

Die Bundeswehr wächst, doch die Baukosten explodieren: Soldatensiedlungen könnten für Vonovia zum lukrativen Staatsauftrag werden – auf Kosten der Steuerzahler.

Vonovia als Nachfolger des Werkswohnungsbaus

Buch greift dabei bewusst ein historisch besetztes Schlagwort auf: „Werkswohnungsbau 2.0“. Vonovia selbst hat Erfahrung mit bundeseigenen Immobilien – in der Vergangenheit übernahm der Konzern bereits Bestände vom Staat, darunter auch Wohnungen der Bundeswehr.

Das Modell könnte also reaktiviert werden: Militärstandorte mit passender Infrastruktur, betrieben von einem börsennotierten Wohnungsriesen.

Für die Bundeswehr, die derzeit mit Nachwuchsproblemen kämpft, wäre das mehr als nur eine logistische Lösung. Attraktive Wohnungen in Standortnähe könnten ein entscheidender Faktor sein, um die Truppe als Arbeitgeber konkurrenzfähiger zu machen.

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„Bauturbo“ trifft Wohnungsnot

Der Vorstoß kommt nicht zufällig. Nach zwei Jahren Krise wittert die Immobilienbranche Aufbruchsstimmung. Die Bundesregierung hat jüngst ein Maßnahmenpaket beschlossen, das Genehmigungen beschleunigen und den Wohnungsbau vereinfachen soll. Buch lobt den sogenannten „Bauturbo“ – und mahnt zugleich, dass zwischen politischem Beschluss und neuem Wohnraum oft Jahre liegen.

Allein die Dimension der Herausforderung macht klar: Der Staat kann die Bauoffensive nicht alleine stemmen. Buch rechnet vor, dass die von der Bundesregierung geplanten 500 Milliarden Euro für Infrastruktur über zwölf Jahre zwar gigantisch wirken – aber kaum ausreichen, wenn jedes Jahr rund 100 Milliarden Euro für den Bau von 320.000 Wohnungen benötigt werden. „Öffentliche Mittel müssen privates Kapital anziehen“, fordert er.

Vonovia kehrt zum Neubau zurück

Dass es Buch ernst ist, zeigt der eigene Fahrplan: Vonovia hat sein zwei Jahre lang eingefrorenes Neubauprogramm wieder aufgenommen. Noch in diesem Jahr sollen 3000 neue Wohnungen entstehen. Auf den firmeneigenen Grundstücken könnten langfristig sogar bis zu 70.000 Einheiten gebaut werden.

Die große Hürde bleibt die Finanzierung. „Eigenkapital ist derzeit aufgrund des niedrigen Aktienkurses zu teuer“, räumt Buch ein. Erst kürzlich wich Vonovia auf eine Anleihe in australischen Dollar aus – ein Indiz dafür, wie kreativ die Finanzierungsmethoden inzwischen werden müssen.

Ein politisch sensibles Geschäft

Dass ausgerechnet Soldatenwohnungen nun als Geschäftsmodell diskutiert werden, hat Sprengkraft. Auf der einen Seite böte sich die Chance, die Truppe schneller zu vergrößern und gleichzeitig den privaten Wohnungsbau zu beleben.

Auf der anderen Seite steht die Frage, ob ein börsennotiertes Unternehmen die richtige Adresse für eine Aufgabe von nationaler Bedeutung ist – oder ob hier die Gefahr einer neuen Abhängigkeit entsteht.

Doch die Richtung ist klar: Die Wohnungsnot in Deutschland ist zu groß, als dass der Staat auf die Unterstützung privater Player verzichten könnte. Und Vonovia zeigt sich bereit, nicht nur an Zivilisten, sondern auch an Soldaten zu vermieten.

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