11. Oktober, 2025

Startups & VC

Vom Hacker zum Partner der Banken – N26-Whistleblower verkauft Mehrheit seines Fintechs Yaxi

Der ehemalige N26-Hacker Vincent Haupert verkauft die Mehrheit seines Zahlungs-Start-ups Yaxi an den Mittelständler Reiner. Die Kooperation verbindet IT-Sicherheitskompetenz mit deutscher Ingenieurstradition – und könnte dem Open-Banking-Markt neue Impulse geben.

Vom Hacker zum Partner der Banken – N26-Whistleblower verkauft Mehrheit seines Fintechs Yaxi
Mittelstand investiert in Fintech: Reiner SCT übernimmt 55 % der Anteile und bringt Kapital sowie Vertrauen.

Vor zehn Jahren galt Vincent Haupert als Schreck der Fintech-Szene. Der Sicherheitsforscher hatte öffentlich gemacht, wie leicht sich Überweisungen bei der damals aufstrebenden Neobank N26 manipulieren ließen – ein Schlag für das Image des Berliner Start-ups, aber ein Lehrstück für die Branche. Heute steht Haupert auf der anderen Seite: als Gründer, Investor und nun Partner etablierter Unternehmen.

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Sein 2022 gegründetes Unternehmen Yaxi, spezialisiert auf kryptografisch abgesicherte Open-Banking-Technologien, wird künftig mehrheitlich dem Mittelständler Reiner SCT gehören. Das Schwarzwälder Unternehmen, bekannt für Lesegeräte im Onlinebanking und eID-Bereich, übernimmt 55 Prozent der Anteile und investiert zusätzlich einen siebenstelligen Betrag zur Finanzierung des Wachstums.

„Mit Reiner haben wir einen Partner, der Sicherheit nicht als Produktmerkmal, sondern als Grundprinzip versteht“, sagt Haupert.

Von der Schwachstelle zur Stärke

Dass ausgerechnet der Mann, der einst Schwachstellen im digitalen Banking öffentlich machte, heute selbst Lösungen dafür baut, ist eine jener Wendungen, die in der Fintech-Welt selten, aber bezeichnend sind. Haupert gilt als jemand, der lieber in Code denkt als in PowerPoint-Folien. Bei Yaxi hat er gemeinsam mit seinen Mitgründern Christopher Schramm und Andreas Stührk eine Plattform entwickelt, die Banken und Zahlungsanbieter sicher miteinander vernetzt – ohne selbst Zugriff auf Kundendaten zu erhalten.

Das Prinzip: Zahlungen werden direkt zwischen Nutzer und Bank veranlasst, während Yaxi lediglich die technische Brücke liefert. Die Lösung ist damit ein „White-Label“-Produkt, das andere Anbieter in ihre Systeme integrieren können.

Bekannte Partner wie Flizpay oder Trade Republic nutzen Yaxi bereits, um Einzahlungen schnell und sicher abzuwickeln. Anders als Wettbewerber wie Tink oder Yapily braucht Yaxi keine PSD2-Lizenz – ein regulatorischer Vorteil, der auf der eigens entwickelten Kryptografie-Architektur beruht.

„Unsere Technologie macht Transaktionen nachvollziehbar, aber anonym – das ist der Knackpunkt, den bisher keiner am Markt sauber gelöst hat“, sagt Haupert.

Strategischer Mittelstand trifft Tech-Mentalität

Für Reiner ist der Einstieg mehr als eine Investition – es ist ein strategischer Schritt in die Zukunft. Der Traditionsbetrieb aus Furtwangen, der bislang vor allem im Hardwaregeschäft tätig war, stärkt mit dem Zukauf seine digitale Kompetenz.

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Mit seinen Banking-Lesegeräten und Authentifizierungslösungen ist Reiner längst in deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken etabliert. Die Integration von Yaxi verschiebt das Geschäftsmodell nun Richtung Software und Dateninfrastruktur – ein logischer Schritt in einer Branche, in der physische Sicherheitslösungen zunehmend durch digitale Vertrauensarchitekturen ersetzt werden.

„Der Mittelstand wird damit zum Innovationstreiber im Open-Banking“, kommentiert ein Brancheninsider.

Mehr Sicherheit in der fragmentierten Fintech-Landschaft

Der Deal steht sinnbildlich für eine größere Bewegung in der europäischen Fintech-Welt: Konsolidierung durch Kooperation.
Während viele Start-ups um Lizenzen, Finanzierung und Marktanteile kämpfen, suchen etablierte Mittelständler nach Partnern, um technologisch Schritt zu halten.

Haupert und Reiner SCT verbinden beide Welten – und treffen damit den Nerv der Zeit. Das Vertrauen in digitale Zahlungsprozesse ist nach mehreren Sicherheitsvorfällen und Datenskandalen angeschlagen. Lösungen, die Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit ohne Datenweitergabe kombinieren, werden damit zur neuen Währung.

„Was wir tun, ist keine Revolution, sondern Rückbesinnung auf die Grundlagen digitaler Sicherheit“, sagt Haupert. „Nur diesmal mit marktfähiger Technologie.“

Ein Deal mit Signalwirkung

Yaxi bleibt als eigenständige Marke bestehen, die Gründer behalten 45 Prozent der Anteile. Doch der Einstieg von Reiner SCT verändert die Perspektive: Aus einem jungen Security-Start-up wird ein potenzieller Schlüsselakteur im europäischen Zahlungsverkehr.

Für Haupert ist das mehr als ein geschäftlicher Erfolg – es ist der Beweis, dass Skepsis und Sicherheitsbewusstsein kein Widerspruch zu Wachstum und Innovation sind.

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