25. Juli, 2025

Märkte

Versichert – bis das System kollabiert

US-Krankenversicherer wie UnitedHealth und Elevance geraten unter Druck: Aufsicht, Betrugsfälle, Kostenschübe – und ein Präsident Trump, der mit dem Rotstift aufräumt. Ein milliardenschweres Geschäftsmodell wankt.

Versichert – bis das System kollabiert
US-Versicherer wie UnitedHealth und Elevance kassierten jahrelang Milliarden durch staatlich subventionierte Mitgliedschaften – jetzt rächt sich die Kombination aus Betrug, Intransparenz und politischem Rückenwind.

Wenn das Geschäftsmodell Krankheit kippt

Die private Krankenversicherung war in den USA lange ein Selbstbedienungsladen. Subventionierte Mitgliedschaften, laxe Kontrollen, steigende Gebühren. Jetzt droht dem System der Kollaps – ausgerechnet, weil plötzlich zu viele krank sind und Washington hinschaut.

Lange Zeit war das amerikanische Gesundheitssystem für Versicherer ein Selbstläufer: Je mehr Menschen eingeschrieben wurden – ob über Medicaid, Medicare oder die Obamacare-Märkte –, desto stärker klingelte die Kasse bei Konzernen wie UnitedHealth, Centene, Molina oder Elevance.

Möglich wurde das durch ein fein austariertes Gleichgewicht aus staatlicher Förderung, politischem Opportunismus und einem kaum regulierten Maklermarkt.

Doch dieses Gleichgewicht ist ins Wanken geraten.

Wenn Gewinne kränkeln

Der erste Knacks kam mit steigenden Behandlungskosten. Plötzlich reichten die Erstattungen durch Medicaid nicht mehr aus, um die wachsenden medizinischen Ansprüche einer alternden Bevölkerung aufzufangen.

Bei Obamacare-Plänen klafft eine ähnliche Lücke: Die Versicherer tragen die Last steigender Gesundheitskosten – ohne diese 1:1 weitergeben zu können.

Vor allem Elevance, einer der größten Akteure auf dem Markt, musste jüngst seine Prognosen zurücknehmen. Die medizinischen Kosten seien aus dem Ruder gelaufen, hieß es aus dem Management. Doch auch die anderen Großen geraten unter Zugzwang.

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Ein Staat, zwei Versicherungen, dreifacher Ärger

Zusätzliche Brisanz bringt ein wachsendes Problem mit sich: Doppelte Einschreibungen. Die US-Gesundheitsbehörde CMS deckte kürzlich auf, dass knapp drei Millionen Bürger gleichzeitig in mehreren Programmen gemeldet waren – teils unabsichtlich, teils durch windige Makler vermittelt, die auf Abschlussprovisionen schielten.

Die Folge: Milliarden an Zuschüssen flossen an Versicherer, für Patienten, die womöglich nie einen Arzt sahen. Jetzt will der Staat gegensteuern – mit besseren Prüfverfahren und Rückforderungen.

Trump macht ernst – mit der Schere

Während die Biden-Regierung erste Korrekturen eingeleitet hatte, geht Donald Trump nun deutlich weiter. Sein neues Steuerpaket sieht massive Einschnitte bei Medicaid und Obamacare vor – rund eine Billion Dollar könnten in den nächsten zehn Jahren gekappt werden. Fast zwölf Millionen Menschen dürften dadurch ihren Versicherungsschutz verlieren, warnen Ökonomen.

Was die Republikaner als Haushaltsdisziplin verkaufen, könnte die Versicherungskonzerne empfindlich treffen. Denn: Weniger Mitglieder, weniger Zuschüsse, weniger Marge.

Geplante Haushaltskürzungen könnten die Medicaid-Mittel bis 2035 um rund eine Billion US-Dollar senken – mit dem Risiko, dass über 10 Millionen Menschen ihren Versicherungsschutz verlieren.

Zwischen Profitmaschine und Systemrelevanz

Der Fall UnitedHealth zeigt, wie eng private Gewinne und öffentliche Daseinsvorsorge in den USA verflochten sind. Gegen den Marktführer laufen derzeit Ermittlungen wegen möglicher Betrugsfälle im Rahmen von Medicare Advantage – dem beliebtesten Rentnerprogramm. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre das ein Beben für die gesamte Branche.

Noch versuchen sich die Versicherer in Optimismus. Elevance-CEO Gail Boudreaux etwa bezeichnet die Turbulenzen als „kurzfristige Volatilität“. Medicaid und Obamacare seien weiterhin attraktive Märkte.

Doch der Aktienmarkt sieht das längst anders: Die Kurse der großen Versicherer befinden sich seit Monaten im Sinkflug. Anleger fürchten nicht nur strengere Regeln, sondern einen strukturellen Wandel – weg vom profitablen Verwaltungsmandat hin zu echtem Wettbewerb und echter Verantwortung.

Ein Geschäftsmodell auf dem Prüfstand

Was in den USA gerade passiert, ist mehr als ein kurzfristiger Rücksetzer. Es ist ein Stresstest für ein milliardenschweres System, das jahrzehntelang auf staatlich gepufferte Gewinne gebaut war.

Die große Frage ist nicht, wie viel Geld sich noch mit Armut, Krankheit und Alter verdienen lässt – sondern wie lange sich ein derart marktgetriebenes System noch halten kann, bevor es an seinen eigenen Widersprüchen zerbricht.

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