Ein historischer Schritt – und ein riskantes Signal
Zum ersten Mal seit Dezember 2024 hat Fed-Chef Jerome Powell eine Zinssenkung verkündet. Der Schritt kam nicht überraschend, wohl aber die Schärfe der Debatte im Inneren.
Die jüngsten Projektionen zeigen ein Bild der Zerrissenheit: Manche Mitglieder sehen das „neutrale“ Zinsniveau bei unter drei Prozent, andere bei fast 4,5 Prozent. Für Anleger bedeutet das Unsicherheit – und für Powell ein kaum lösbares Dilemma.
Der Trump-Faktor
Ins Zentrum der Kritik rückt Stephen Miran, Neuzugang im Gouverneursrat und politischer Ziehsohn Donald Trumps. Seine Haltung: Die Fed solle ein „drittes Mandat“ erfüllen – ein dauerhaft niedriges Zinsniveau.
Ein Ansatz, den kein Lehrbuch der Geldpolitik stützt, der aber perfekt zu Trumps Forderungen passt. Der Ex-Präsident hat Powell über Jahre attackiert und ihn wiederholt als „Dummkopf“ beschimpft, weil dieser nicht aggressiver lockerte.
Wenn Politik den Takt vorgibt
Die Gefahr ist offensichtlich: Mit jedem neuen Fed-Mitglied nach Trumps Gusto schwindet die Unabhängigkeit der Notenbank. Die Märkte wissen, dass die Glaubwürdigkeit der Fed auf ihrem Mandat ruht – Preisstabilität und Beschäftigung.

Wenn dieses Fundament erodiert, werden die Finanzmärkte die Notenbank als Spielball der Politik wahrnehmen. Das könnte die Inflationsbekämpfung schwächen und das Vertrauen in den Dollar unterminieren.
Zerreißprobe im Herbst
Die nächsten Zinssitzungen im Oktober und Dezember könnten zur Nagelprobe werden. Das Gremium muss sich auf eine Linie einigen – doch wie soll das gelingen, wenn einzelne Stimmen weit außerhalb des Konsenses liegen? Sollte Trump, wie bereits angedeutet, weitere Mitglieder austauschen oder gar die Gouverneurin Lisa Cook abberufen, droht der Fed ein handfester Machtkampf.
Das eigentliche Risiko
Es ist nicht die Zinssenkung an sich, die die Märkte beunruhigt. Es ist die Politisierung einer Institution, die jahrzehntelang als Bollwerk gegen parteipolitische Einflussnahme galt. Die US-Notenbank steht vor ihrer härtesten Bewährungsprobe seit der Finanzkrise. Verliert sie ihre Unabhängigkeit, ist nicht nur Powell beschädigt – sondern das Vertrauen in das globale Finanzsystem.
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