Kursrakete trotz schwächerer Gewinne
Die Zahlen wirken auf den ersten Blick ernüchternd: United Internet verzeichnet im ersten Quartal 2025 einen rückläufigen Gewinn je Aktie – von 35 auf 31 Cent, bereinigt um Sondereffekte.

Das operative Ergebnis stieg nur leicht. Und doch legte die Aktie am Montagvormittag um rund acht Prozent zu. Ein Paradoxon? Nicht ganz. Denn: Die Erwartungen lagen noch tiefer.
Die Börse hatte mit schwächeren Ergebnissen gerechnet – stattdessen lieferte United Internet ein solides Ebitda von 342,6 Millionen Euro. Analysten hatten weniger erwartet. Die Anleger reagieren entsprechend erleichtert – und mutmaßlich auch auf den optimistischen Ausblick des Unternehmens.
1&1: Netzausbau wird zur Belastungsprobe
Was die Zahlen verschleiern: Bei der Tochter 1&1 hinterlässt der Netzausbau deutliche Spuren. Die Anlaufkosten stiegen um rund 60 Prozent auf 67 Millionen Euro.
Gleichzeitig kämpft der Konzern mit einer erhöhten Zahl an Kündigungen, seit Kunden sukzessive vom Netz der Telefónica Deutschland auf das neue eigene Netz beziehungsweise auf das Vodafone-Roaming migriert werden.
Hinzu kommt: Die neue Roaming-Vereinbarung mit Vodafone ist langfristig transparenter, belastet jedoch kurzfristig stärker das Ergebnis, da es – anders als beim bisherigen Partner Telefónica – keine aktivierungsfähigen Einmalzahlungen mehr gibt, sondern laufende Kosten. Im Klartext: Die Ergebnisdelle ist programmiert.
IONOS liefert, AdTech läuft
Stark entwickelte sich hingegen die IONOS Group, die Hosting- und Cloud-Tochter von United Internet. Vor allem die kleineren Sparten wie AdTech trugen dazu bei, dass das Ebitda-Ziel für das Gesamtjahr auf 520 Millionen Euro angehoben wurde – ein Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Auch der Umsatz legte um über vier Prozent zu, gestützt durch besseres Domain-Geschäft und digitale Werbung.
IONOS bleibt damit die tragende Säule des Konzerns, während 1&1 Investitionen schluckt und Energie verkauft wird. Der Konzernumsatz wuchs insgesamt auf 1,6 Milliarden Euro – inklusive aller Sparten. Nicht mehr dabei: das zum Verkauf stehende Geschäftsfeld United Internet Energy.
Ein Wachstum auf Pump
Dass das Ergebnis unter dem Strich trotzdem nicht stärker einbricht, liegt auch an einer gewissen Bilanzgymnastik. Abschreibungen auf Netzinvestitionen sowie höhere Vorleistungen werden zwar berücksichtigt – aber eben nicht vollständig durch realisierte Erlöse kompensiert. United Internet lebt derzeit vom Versprechen: Was jetzt schmerzt, soll ab 2026 Gewinn bringen.
Die Netzumstellung wird das Unternehmen 2025 rund 100 Millionen Euro zusätzlich kosten. Danach, so die Hoffnung, sinken die Vorleistungskosten signifikant – weil dann Kunden vollständig auf dem eigenen Netz oder auf Vodafone-Roaming unterwegs sind. Doch ob das klappt, hängt an der Technik, dem Marketing und der Kundentreue.
MDAX-Reaktion übertrieben euphorisch?
Dass die Aktie nach diesen Quartalszahlen zum Top-Performer im MDAX wurde, überrascht – vor allem angesichts der Unsicherheit rund um 1&1. Auch wenn das Management die Jahresziele bestätigt hat, bleibt der Kapitalmarkt wohlwollend, aber nicht blind: Die Analystenerwartungen waren niedrig, und der Optimismus bei IONOS kaschiert vorerst die Baustellen bei 1&1.
Auffällig: Die 1&1-Aktie selbst gab nach anfänglichem Plus leicht nach – minus 0,4 Prozent am Mittag. Die Anleger sehen sehr wohl die operative Belastung. Es sind vor allem Konzernfantasien – etwa mögliche Veräußerungen, Skaleneffekte bei IONOS oder Einsparpotenziale durch den Netzausbau – die derzeit Fantasie erzeugen. Fundamentale Stärke sieht anders aus.
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