23. Mai, 2025

Finanzen

Token statt Tresor – Timeless startet digitalen Marktplatz für Sachwerte

Das Berliner Startup bringt Whisky, Uhren und Kunstwerke auf die Blockchain. Der neue Handelsplatz für tokenisierte Sammlerstücke soll den Zugang demokratisieren – bleibt aber nicht frei von offenen Fragen.

Token statt Tresor – Timeless startet digitalen Marktplatz für Sachwerte
Timeless verspricht bis zu 29 % Rendite mit tokenisierten Sammlerstücken wie Whisky oder Uhren – doch unabhängige Nachweise fehlen bislang.

Whisky als Startschuss

Eine Flasche Macallan 60 Years Old aus der „Red Collection“ für mehrere hunderttausend Euro – das ist nicht der Stoff, aus dem klassische ETF-Portfolios gemacht sind. Aber genau diese Flasche markiert den Start eines ambitionierten Projekts: Timeless Investments hat einen eigenen digitalen Marktplatz für tokenisierte Sachwerte gestartet. Anleger können sich dort Anteile an physischen Sammlerstücken sichern – ab 50 Euro.

Was nach PR-Show klingt, ist in Wahrheit Teil einer größeren Bewegung. Die Berliner wollen sich im wachsenden Markt der Alternative Assets als Plattformbetreiber etablieren – mit regulierter Technologie, kuratierten Objekten und einem klaren Versprechen: mehr Liquidität in einem bislang illiquiden Markt.

Vom Sammelobjekt zum Anlageprodukt

Bisher konnten Kunden über Timeless Anteile an Uhren, Kunst, Oldtimern oder Sneakers kaufen – alles über die Blockchain dokumentiert. Die neue Plattform geht nun einen Schritt weiter: Externe Anbieter dürfen künftig ebenfalls Assets listen – sofern sie von Timeless geprüft und freigegeben wurden.

Damit positioniert sich das Unternehmen nicht mehr nur als Händler, sondern als Marktplatzbetreiber mit regulatorischem Anspruch. Eine Art digitales Auktionshaus, das den Sekundärhandel gleich mitliefert.

Laut eigenen Angaben hat Timeless bislang über 820 Objekte im Wert von über 36 Millionen Euro tokenisiert. Die durchschnittliche Haltedauer der Investments liegt bei 19 Monaten – bei einer angeblichen Rendite von 29 Prozent. Belegt sind diese Zahlen bislang nicht.

Externe Anbieter dürfen künftig Assets auf der Timeless-Plattform listen – eine Herausforderung für die Qualitätskontrolle und Kuratierung.

Die Logik der Teilhabe

Timeless zielt auf eine Generation, die auf klassische Anlageklassen zunehmend mit Schulterzucken reagiert. Uhren, Wein, Sneakers – was früher Sammelleidenschaft war, wird zur Investitionskategorie. Und tokenisierte Bruchteile machen es möglich, auch ohne Millionenbudget dabei zu sein.

In der Praxis bedeutet das: Wer etwa für 100 Euro ein Zehntausendstel an einer Vintage-Rollex erwirbt, hält diesen Anteil als digitalen Token – verbriefte Echtheit inklusive. Der Handel erfolgt blockchainbasiert, transparent und manipulationssicher. Zumindest in der Theorie.

Regulatorischer Rückenwind – und neue Unsicherheit

Der Start des Marktplatzes fällt zusammen mit der Einführung der europäischen MiCA-Verordnung. Die neue Regulierung soll den Handel mit Krypto-Assets, darunter auch tokenisierte Sachwerte, EU-weit einheitlich regeln. Für Anbieter wie Timeless ist das Fluch und Segen zugleich.

Einerseits bringt MiCA Rechtssicherheit und eröffnet Chancen für grenzüberschreitenden Handel. Andererseits steigen die Anforderungen – etwa an die Transparenz, Verwahrung und den Anlegerschutz.

Timeless reagiert darauf mit Eigenentwicklungen: Die hauseigenen „Timeless Tokens“ sollen künftig auch plattformübergreifend handelbar sein.

Ob das gelingt, wird sich zeigen. Noch fehlt es an Marktliquidität, Vergleichbarkeit und verlässlicher Preisbildung. Was ein Sneaker oder ein seltener Wein „wert“ ist, bleibt oft Geschmackssache – oder ein Auktionsmoment.

Die Plattform-Frage

Kritisch bleibt: Wer prüft den Marktwert? Wer haftet bei Fälschungen? Und wie wird verhindert, dass illiquide Nischenmärkte künstlich befeuert werden? Zwar verspricht Timeless ein strenges Kuratierungsverfahren, doch intransparent bleibt es trotzdem. Gerade weil externe Anbieter künftig Zugang zum Marktplatz bekommen, wird die Governance entscheidend.

Bisher bleibt der Eindruck: Die Plattform funktioniert wie ein selektives Schaufenster – nicht wie ein freier Marktplatz. Das kann Vorteile haben, wenn Qualitätskontrolle funktioniert – oder zum Problem werden, wenn sich Fehler einschleichen.

Mehr als Spielerei?

Dass Timeless als seriöser Player wahrgenommen wird, liegt auch an der Liste der Investoren: EQT Ventures, Porsche Ventures, SevenAccelerator und C3 Tech VC sind keine Krypto-Cowboys. Doch ob sich ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt, hängt vom Skalierungspotenzial ab – und vom Verhalten der Anleger.

Solange Luxusuhren und Weine als stabile Sachwerte gelten, funktioniert das Prinzip. Sobald der Markt dreht, könnte die Nachfrage nach Anteilsscheinen in Nischenmärkten schnell versiegen. Wer dann verkaufen will, braucht einen Käufer – und kein Zertifikat.

Das könnte Sie auch interessieren:

Michael C. Jakob, was ist der Eulerpool Fair Value?
Der Gründer von Eulerpool erklärt ein Bewertungskonzept, das für viele Investoren zur neuen Benchmark geworden ist – und räumt mit Mythen auf.